berliner szenen: Es ist viel zu späti
Eigentlich wollte ich ins Verwalterhaus bei der Volksbühne, zu einer Lesung, die „Geisterbühne“ hieß und auf der ein Freund von mir lesen sollte. Als ich mich in Schöneberg auf den Weg machte, regnete es in Strömen. Egal, dachte ich, nehme ich halt den Bus, mit dem muss man am wenigsten laufen. Also eilte ich zur Bushaltestelle und drückte mich zu den anderen Wartenden unter ein Bushaltehäuschen und wartete.
Eigentlich hätte der Bus längst kommen müssen, stattdessen kamen von der falschen Linie gleich zwei hintereinander. Noch könnte ich es einigermaßen pünktlich zur Lesung schaffen, dachte ich, als ich mich irgendwann in den verspäteten Bus quetschte. Zwei Haltestellen später machte der Busfahrer plötzlich die Ansage, nur noch bis zur Kurfürstenstraße zu fahren, weil er spät dran sei und jetzt gleich ein Fahrerwechsel anstehen würde. Ich verdrehte die Augen und stieg schon an der Bülowstraße aus, um mit der U2 weiterzufahren. Auf die ist eh mehr Verlass als auf den Bus, fluchte ich innerlich. Ich schwor mir, nie mehr in Berlin mit dem Bus zu fahren.
Als ich am Gleis ankam, traute ich meinen Augen nicht: Die nächste Bahn sollte erst in zehn Minuten kommen. Und die darauf schon zwei Minuten später. Das kann doch echt nicht wahr sein, fluchte ich weiter, bis ich einen Späti erspähte. Ich kaufte ein Center-Schock mit der Geschmacksrichtung Erdbeere und eine Capri-Sonne mit dem Namen „Fairy Drink“, auf der ein pinkhaariges Wesen auf einem Einhorn ritt.
Als endlich die U-Bahn kam, blieb sie einfach eine Station später stehen. Eine Minute, fünf Minuten vergingen, bis es hieß, dass alle aussteigen müssten. Die U-Bahn sei kaputt. Ich grinste ungläubig und nahm die Bahn in die entgegengesetzte Fahrtrichtung, zurück nach Schöneberg. Danke, BVG, für diese ungewollte Geisterbühne!
Eva Müller-Foell
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