Haushaltsfinale im Bundestag: Luftig und waghalsig

Der neue Haushalt steht auf wackeligen Füßen. Er ist ein Symptom dessen, dass es wenig Verbindendes zwischen den Ampelparteien gibt.

Olaf Scholz sitz auf der Regierungsbank des deutschen Bundestages, Christian Lindner steigt die Treppen zu ihm empor, beide blinzeln sich zu

Am Kanzler vorbei und doch loyal: Finanzminister Lindner Foto: Annegret Hilse/reuters

Der Bundestag wird sehr lebendige Debatten erleben in dieser und den kommenden Wochen. Mit ihrem Plan für den Bundeshaushalt 2025 und den Nachtragsetat 2024 gibt die Regierung aus SPD, Grünen und FDP allen Anlass dafür. Ihr Entwurf ist außergewöhnlich luftig und waghalsig, um es vorsichtig zu formulieren.

Man kann sich fragen, wie realistisch viele Posten eigentlich sind. Andererseits legt die angeblich so zerstrittene Koalition eine erstaunliche Kompromissfähigkeit an den Tag. Wie die Opposition kritisiert, strotzt der Entwurf für das Budget 2025 tatsächlich vor tiefen Löchern, die im kommenden Jahr irgendwie gefüllt werden müssen.

Das relativ größte steht im Plan des Klima- und Transformationsfonds, der den Grünen so wichtig ist. Der nicht finanzierte Fehlbetrag dort beträgt 12 von 36 Milliarden Euro – ein stolzes Drittel. Die Regierung sagt zur Erklärung, das Geld aus Förderprogrammen für die energetische Sanierung von Gebäuden würde ohnehin nie komplett abgerufen. Wenn das jedoch für ein ganzes Drittel gilt, hofft die Regierung beinahe auf ihr eigenes inhaltliches Scheitern.

Die Koalition muss auch aufpassen, sich nicht noch eine erfolgreiche Klage vor dem Bundesverfassungsgericht wegen des Missbrauchs älterer, eigentlich zweckgebundener Corona-Kredite für neue Aufgaben einzufangen. FDP-Bundesfinanzminister Christian Lindner argumentiert zwar, die Umwidmung sei sicher. Doch die Union reibt sich bereits die Hände.

Ursache all dessen: Die drei Parteien können sich auf keine kohärente Finanzpolitik einigen. Ihre Vorstellungen sind einfach zu unterschiedlich. Deshalb fehlen große Summen, um die auseinanderstrebenden Wünsche zu bedienen. In dieser Misere allerdings befleißigt sich die Regierung eines übergroßen Pragmatismus. Zum Beispiel treibt sie die Neuverschuldung mit allen möglichen Kniffen so hoch, dass sie weit über dem liegt, was die Schuldenbremse offiziell erlaubt. Da erübrigt sich die Debatte über deren Reform eigentlich schon – es geht ja auch so.

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Geboren 1961, ist selbstständiger Wirtschaftskorrespondent in Berlin. Er schreibt über nationale und internationale Wirtschafts- und Finanzpolitik. 2020 veröffentlichte er zusammen mit KollegInnen das illustrierte Lexikon „101 x Wirtschaft. Alles was wichtig ist“. 2007 erschien sein Buch „Soziale Kapitalisten“, das sich mit der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen beschäftigt. Bis 2007 arbeitete Hannes Koch unter anderem als Parlamentskorrespondent bei der taz.

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