berliner szenen
: Die Regel: Kein Dreier, keine Eier

Therapie ist mein Stichwort!“, sagt ein Mann und dreht sich zu uns. Die Freundin, mit der ich in den Prinzessinnengärten eine Pizza teile, blickt ihn abwartend an. Er erklärt, dass er nicht vermeiden konnte, unser Gespräch mitzuhören, und erzählt, dass er eine posttraumatische Belastungsstörung habe. Dann stellt er sich vor und fragt nach unseren Namen. Als wir sie nennen, schüttelt er den Kopf: „Ihr heißt wie meine erste Liebe und die Mutter meiner Tochter.“

Er fragt, ob wir uns auf ein Kennenlernratespiel einlassen. Ich schlage vor, mit Berufen anzufangen, und frage wegen der posttraumatischen Belastungsstörung: „Soldat?“ Er nickt. Und fragt: „Und wie alt bin ich? Fang einfach irgendwo an, und ich sage dann, ob jünger oder älter.“ Ich beginne bei 36. Er ruft perplex: „Stimmt auch!“ Unsere Berufe und unser Alter errät er nicht.

Nach einer Weile erzählen wir, dass wir eigentlich tanzen gehen wollten. Er fragt, ob es uns etwas ausmache, wenn er mitkäme. Wir verneinen. Er mustert uns und meint: „Der KitKat Club ist um die Ecke. So kommen wir da aber nicht rein.“ Er fragt die Freundin, ob er sich ihre Netzstrumpfhose und ihr Tanktop leihen könne, und schlägt ihr vor, stattdessen ihren Rock als Kleid zu tragen. Wir holen uns Wein und probieren neben der Theke Varianten aus: Er mit meinem Blumenhaarreif und ihrem Top, sie im Rock als Kleid, ich mit Tuch als Top. Dann einigen wir uns darauf, dass die Freundin meinen Blazer zu ihrer Strumpfhose trägt und er ihr Top. Ich beschließe, einfach Jeans und Shirt anzulassen. Wir benutzen alle meinen roten Lippenstift und rufen ein Uber. Im Auto stellen wir Regeln auf. Ich sage: „Kein Dreier.“ Er: „Keine Eier.“ Die Freundin wiederholt ernst: „Kein Dreier, keine Eier.“ Kein Schlangestehen vor dem Club, wir werden hereingewinkt. Eva-Lena Lörzer