piwik no script img

Hannover 96 bekommt neuen Kind

Martin Kind darf nicht mehr Geschäftsführer der Hannover 96 Management GmbH sein. Sohn Matthias soll übernehmen, Eine Entscheidung mit Konfliktpotenzial

Von Christian Otto

Unternehmensübergaben innerhalb einer Familie bergen hohes Streitpotenzial. Trotzdem ist Martin Kind frohen Mutes, dass sein Lebenswerk bei Hannover 96 in beste Hände kommt. Der 80-Jährige hat seine 96-Gesellschafteranteile an seinen jüngeren Sohn Matthias übertragen.

Das Ende der Ära Martin Kind ist durch ein Urteil des Bundesgerichtshofes eingeläutet worden. Er darf nicht mehr Geschäftsführer der Hannover 96 Management GmbH sein. Wer bei dem Verein künftig das Sagen hat, wird sich noch zeigen.

Matthias Kind ist, wenn es um die Belange des Fußball-Zweitligisten geht, bisher kaum in Erscheinung getreten. Der Papa beteuert aber, dass sich sein Junior gründlich einarbeitet. Ist die Nachfolge von Kind als 96-Boss eine der schwierigsten Personalien, die der norddeutsche Arbeitsmarkt zu bieten hat? Es ist in jedem Fall herausfordernd, in die Fußstapfen eines Mannes zu treten, zu dessen Lasten sich der Stadiongesang „Kind muss weg“ etabliert hat.

Auf den ersten Blick klingt die Vita von Matthias Kind nicht wie ein Empfehlungsschreiben für ein führendes Amt bei dem chronisch zerstrittenen Wirtschaftsunternehmen namens Hannover 96. Er hat rund 25 Jahre lang in den USA gelebt. Wie genau sich der 48-Jährige bisher mit dem Profifußball beschäftigen und mit Hannover 96 identifizieren konnte, ist unklar. Berufliche Erfahrung hat er in der Musik- und Modeindustrie gesammelt.

Viele Fans verstehen nicht, warum sie den einen Kind lieber haben sollen als den anderen

Es wäre schön, wenn sich der Kern des Ärgers bei Hannover 96 aufspalten ließe. Seit Jahren wird um die Frage gestritten, ob die Kapitalseite das Sagen haben darf oder der ehrenamtlich besetzte Vorstand. Martin Kind hat angekündigt, in mehreren Gesellschaften des komplexen Firmengeflechtes rund um Hannover 96 weiterhin entscheiden zu wollen. An etwas festhalten zu wollen, das er zwei Jahrzehnte lang mit Einsatzwillen, Machtgehabe und Moneten aufgepäppelt hat, ist verständlich. Umso schwieriger dürfte es für Matthias Kind werden, sein eigenes Profil zu entwickeln und sich aus dem Schatten seines Vaters zu lösen.

Eigentlich wären Hannover 96 eine grundlegende Mediation oder ein kompletter Neustart zu wünschen. Viele der hartgesottenen Fans werden nicht verstehen, warum sie den einen Kind netter finden sollen als deren anderen. Die Opposition in der Fankurve vergisst bei ihren lautstarken Protesten gerne, wer das nötige Geld für Profifußball in Hannover aufgebracht hat. Für mehr Transparenz und Verständnis zu sorgen, das wäre eine Mammutaufgabe für Matthias Kind – wenn ihn der Vater lassen würde.

Bei einem seiner ersten öffentlichen Auftritte mit Bezug zu Hannover 96 hat sich der jüngere Sohn von Martin Kind einen Rüffel eingefangen. Zur Verhandlung vor dem Bundesgerichtshof im Juni war Matthias Kind in einem legeren Outfit und Turnschuhen entschieden. Was locker und lässig aussehen sollte, wurde familienintern als unangemessen beschieden. Die kleine Posse deutete an, dass es für den Milliardärssohn schwierig wird, allen Erwartungen gerecht zu werden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen