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Wenn die Regeln nur so irgendwie gelten

Das Gängeviertel, Hamburger Sozio-Subkultur-Mekka, eine eigene Welt. Es ist Soliparty für eine Off-Galerie auf St. Pauli, deren Website seit Mai 2022 unerreichbar ist.

Am Eingang zum Konzertraum erklären die Securitys den Gäs­t*in­nen das Awareness-Konzept: Übergriffe sofort melden, keine freien Oberkörper, kein offener Drogenkonsum. An der Zahl-was-du-willst Kasse („Empfehlung 10 Euro“) stehen nochmal drei Leute. Eine Frau sagt: „Es dürfen keine Fotos oder Videos gemacht werden. Und jetzt brauche ich dein Handy, um die Kameralinsen abzukleben.“

Hamburg-Neustadt

12.600 Ein­wohner*innen.

In dem zwischen St. Pauli und Altstadt eingeklemmten Stadtteil steht die Sankt-Michaelis-Kirche, als der sogenannte Michel Hamburgs Wahrzeichen.

Drinnen rappt Red$am über ihre Mädels und das Angeschautwerden. Ein stark geschminkter Mensch mit einem Hut aus Glühbirnen scharwenzelt vor der Bühne rum und sucht Blickkontakt zu den Gäst*innen. Übergriffig? Irgendwie schon, andererseits ist dieser Mensch sicher Kunst, ein Spiel mit der Grenze zum Übergriff. In der Toilette steht dann ein Mann mit Fotoausrüstung. „Wie, ich dachte, Fotografieren ist nicht erlaubt?“ – „Na ja“, sagt der Mann. „Willst du fotografiert werden? Ich schicke dir dann das Foto.“ Ich denke an meine zugeklebten Linsen und lehne vorsichtshalber ab. Klaus Irler