Die Wahrheit: Mit Zecken-Diät zum Traumgewicht

Na, immer noch nicht geimpft? Jetzt wird es aber Zeit! Draußen warten schon die Schüttraummeter.

Meine Töchter mögen Tiere ungefähr so sehr wie ich Schokoladeneis mag. Also sehr, bis an die Grenze zum Schwachsinn. Es ist mir nicht einmal erlaubt, eine Stechmücke zu erschlagen, weil: Die will doch auch nur leben! Der Schwarm an Papierfischchen, der sich von meinen Büchern ernährt? Will doch auch nur leben! Die Motten in der Küche? Richtig, die sollen im Mehl so richtig kinky Sex haben können.

Neulich bestellte ich von der örtlichen Holzgroßhändlerin vier Klafter frisches Brennholz für meine Holzhütte im (hölzernen) Wald. Viele Menschen wissen nicht mehr, was ein Klafter ist. Sie kennen keinen Unterschied zwischen einem Raummeter und seinem chaotischen Bruder, dem Schüttraum­meter, und wie beide sich zu einem Ster verhalten. Unter einem Gigabyte können viele Menschen sich mehr vorstellen als unter einem Klafter.

Ich hatte jedenfalls viel Holz vor der Hütte. Und brauchte einen vollen Tag voll Schweiß und Pein, um die wohlige Wärme künftiger Winter mit der Schubkarre durch hüfthohes Gras hügel­an hinter die Hütte zu spedieren. Weil auch Arbeitshosen unten offen sind, klebte ich sie vorsichtshalber zu und sicherte mich auf Knöchelhöhe zusätzlich mit Doppelklebeband ab. Geholfen hat es nichts. Anderntags hatte ich nicht nur einen Ganzkörpermuskelkater, sondern gleich drei Zecken.

Eine Zecke am Unterarm, eine Zecke am Oberschenkel. Und eine Zecke an einer Stelle, über die ich aus Gründen der Dezenz und Selbstachtung gerne einen gnädigen Mantel des Schweigens decken würde. Die drei Halunken waren noch nicht ausgewachsen, sondern sogenannte Nymphen. Ich finde den Begriff ein wenig euphemistisch, meine Töchter fanden ihn süß und fielen mir in den Arm mit der Pinzette: Die wollen doch auch nur leben!

Kein Uhrzeigersinn

Geduldig erzählte ich den Mädchen von der bösen Borreliose sowie der frühsommerlichen Meningoenzephalitis. Ich machte geltend, dass auch ich, der Stifter ihrer Tage, ein gewisses Recht darauf in Anspruch nehmen dürfe, den Rest meiner eigenen Tage nicht als sabberndes Wrack oder auf dem Friedhof zu verbringen – und machte mich an die erfolgreiche Entnahme der arachnoiden Parasiten. Tipp: Kein Öl draufträufeln! Einfach rausziehen! Nicht im Uhrzeigersinn, nicht gegen den Uhrzeigersinn – Zecken haben keinen Uhrzeigersinn. Nie kopflos handeln, sonst bleibt der Kopf drin.

Damit die behandelnde Ärztin im Fall eines Falles weiß, womit der Befallene sich infiziert haben könnte, sollte man das Tierchen unbedingt aufbewahren. Bei uns hat sich eingebürgert, die Zecken auf einem Tesa­filmstreifen zu fixieren und – bei lebendigem Leibe, versteht sich, denn die wollen doch auch nur leben! – im Tiefkühlfach neben diesen giftblauen Kältebeuteln und dem Schokoladeneis aufzubewahren. Hilft auch beim Abnehmen!

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kari

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