: Wenn Männer gern mal Frau wären
Drinnen im Stadion steht in weißer Schnörkelschrift auf braunem Grund „Football has no gender“. Draußen ist das heute was anderes. Immer wieder ruft die blonde junge Frau, die auf irgendetwas raufgeklettert ist, um sich Gehör zu verschaffen: „Alle Frauen können einfach nach vorn kommen! Ihr müsst hier nicht anstehen!“
Das sagt sich so leicht. Vor dem Eingang zum Hamburger Millerntorstadion staut sich beim Spiel von St. Pauli wieder eine Menge von ein paar hundert Menschen, durch die man nicht einfach hindurchdiffundieren kann. Aber eine Stunde vor Anpfiff sind offenbar Ordnerinnen fürs Abtasten verfügbar, während die männlichen Kollegen alle Hände voll zu tun haben. Deshalb versucht sie es noch einmal: „Ihr Mädels, kommt nach vorn, ihr müsst nicht warten.“
Hamburg-St. Pauli
22.000 Einwohner*innen.
Das Millerntorstadion liegt mitten drin in dem Stadtteil und ist mit 29.546 Fußballfans bei den Spielen des Zweitligisten FC St. Pauli praktisch immer ausverkauft.
Wenn die Männer sie nur ließen. Natürlich ist einer dabei, der das nicht so auf sich sitzen lassen kann, ein mittelalter Hüne mit Bauchansatz. „Und wenn ich mich heute wie’ne Frau fühle“, dröhnt er dazwischen, „darf ich dann auch?“ Sie wirft ihm einen abschätzigen Blick zu und sagt trocken: „Noch nie gehört, den Spruch!“ Jan Kahlcke
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen