berliner szenen: Krank oder Schlimmer geht immer
Nachdem ich es nicht lassen konnte, selbst bei Minusgraden aufs Rad zu steigen, war ich nun krank. Zumindest so krank, dass ich mich selbst dazu verdonnert hatte, den kompletten Tag im Bett zu verbringen. Es stand auch nur ein einziger Termin an: zwischen 14 und 16 Uhr sollte ein Handwerker für die Heizung in meinem Zimmer kommen, die entlüftet werden musste. Ja, vielleicht war nicht nur mein Fahrrad schuld an meiner körperlichen Misere.
Auf jeden Fall lag ich im Bett und trank brav Tee. Und als der Tee ausgetrunken war, tapste ich in die Küche, um neuen aufzusetzen. Dann klingelte es. Ich schaute auf die Uhr. 13.15 Uhr. Zu früh für den Handwerker, also musste es bestimmt meine Nachbarin sein. Oder die Post. Ich machte die Tür auf – und vor mir stand der Handwerker. „Na, wo ist denn die defekte Heizung?“, fragte er freundlich. Ich zeigte zu meinem Zimmer und sah mein Bett und musste schlucken. Die Decke war aufgeworfen, die Bettlampe brannte. Es sah einladend aus, was es aber nicht sein sollte. Und es sah so aus, als wäre ich eine faule Socke, die noch mittags im Bett chillt, während andere Heizungen reparieren. Schnell erklärte ich, dass ich erkältet sei, und begleitete ihn am Bett vorbei zur Heizung. Während der Handwerker an den Heizkörper fasste und ich vom Krankheitsverlauf der Heizung berichtete, lief ich mit lautlosen Schritten rückwärts, um zumindest die groben Fehler zu beseitigen. Ich knipste die Bettlampe aus und legte die Decke ein bisschen ordentlicher hin. Es fühlte sich so an, als wäre ich in flagranti überrascht worden, dabei hatte ich ja nichts anderes getan, als mich auszukurieren.
Okay, vielleicht war alles auch gar nicht so wild, immerhin war ich vollständig bekleidet, als ich die Tür öffnete. Schlimmer geht immer, dachte ich, als ich zurück zum Bett lief. Eva Müller-Foell
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