brief des tages:
Gefährlich: Pflegenotstand
„Ambulante Pflegedienste: Schutzlos gegen Gewalt“, taz vom 29. 11. 23
Auffallend ist, dass es sich bei den im Text aufgezählten Taten (Medikamentenfehler, fehlerhafte Lagerung, fehlerhaftes Handeln im Notfall) vorrangig um fachliche Fehler handelt und nicht um „Gewalttaten“, wie man sie anhand der Überschrift vermuten würde. Es ist natürlich richtig, dass Gewalt verschiedene Formen annehmen kann, und ja, letzten Endes ist es auch Gewalt, wenn (in der Regel wehrlose) Pflegebedürftige von Menschen ganz ohne oder mit geringer Pflegeausbildung oder auch einfach „schlechten“ Pflegekräften versorgt werden. Schlechte Versorgung durch zu wenige und schlecht ausgebildete Arbeitskräfte ist allerdings auch die Konsequenz aus einer Sozial- und Gesundheitspolitik, die Pflege in erster Linie verrichtungsorientiert betrachtet und sich höheren Ausbildungsstandards verweigert: „Besser schlecht gepflegt als gar nicht.“ Gleichzeitig führt das zu einer Berufsflucht: „Lieber gar nicht pflegen als schlecht pflegen.“ Deutschland muss sich von der „Pflegen kann jeder“-Haltung verabschieden und die pflegerische Versorgung der Bevölkerung (sowie deren Finanzierung) grundlegend umorganisieren. Beatrice Haberger, Mainz
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