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Zurück in der Realität

Der FC Augsburg trennt sich von Trainer Enrico Maaßen. Für schönenFußball sollte er sorgen, zuletzt klappte es nicht einmal auf die rustikale Art

Der Verzweiflung häufig nahe: Enrico Maaßen bei einem der kläglichen Auftritte seines Teams Foto: imago

Von Maik Rosner

Als der FC Augsburg die Trennung von Trainer Enrico Maaßen verkündete, war das Überraschende an der Mitteilung einzig der Zeitpunkt um kurz vor halb elf am späten Montagabend. Dass der Geschäftsführer Michael Ströll und der Sportdirektor Marinko Jurendic sich dazu entschließen würden, den 39-jährigen Maaßen zu beurlauben, war längst absehbar gewesen. Zu eindeutig fiel die Bilanz mit nur zwei Siegen aus den vergangenen 19 Pflichtspielen aus, zu klar zeigte der Trend nach unten. Dem FCA blieb auch angesichts des zunehmend verunsicherten Teams und des lange hilflosen Auftritts am Samstag bei der 1:2-Niederlage gegen Aufsteiger Darmstadt kaum eine andere Wahl.

„Nach offenen Gesprächen mit Enrico Maaßen sind wir zu der Überzeugung gelangt, dass wir eine Änderung auf der Position des Cheftrainers vornehmen müssen“, wurde Sportdirektor Jurendic in der Vereinsmitteilung zitiert. Es sei dem Trainer und der Mannschaft leider nicht gelungen, „den Trend zu brechen und die angestrebte Entwicklung erfolgreich auf den Platz zu bringen“.

Eine Entwicklung hin zu einem erfrischenden und aktiven statt hauptsächlich abwartenden Spielstil hatten sie sich anfangs beim FC Augsburg von Maaßen versprochen. Und wer beobachtete, wie der bei Borussia Dortmunds U23 in der dritten Liga zuvor so erfolgreiche Coach kurz nach seinem Amtsantritt beim FCA im Juli 2022 trainieren ließ, der sah viele Übungen für einen gepflegten Spielaufbau mit Flachpässen und Ballbesitzpassagen, für einen Stil also, der wenig gemein hatte mit dem vorherigen Augsburger Außenseiterfußball. Dieser war unter Maaßens Vorgängern Martin Schmidt, Heiko Herrlich und zuletzt Markus Weinzierl geprägt gewesen von langen Bällen von hinten heraus sowie Kontern nach Ballgewinnen.

Maaßen musste beim FCA allerdings schnell feststellen, dass dort zwischen Wunsch und Wirklichkeit teils eine große Lücke klafft. Schon nach den ersten Spielen der vergangenen Saison wurden alte Augsburger Spielmuster wieder reaktiviert, mit denen sie sich seit ihrem Aufstieg 2011 bisher stets in der Bundesliga gehalten haben. Auch deshalb blieb unter Maaßen eine nachhaltige spielerische Entwicklung aus. Hinzu kam der etappenweise vollzogene Umbruch in der Mannschaft. Zunehmend verjüngt wurde die Belegschaft mit jeder weiteren Transferphase. Zudem gab es Umwälzungen in der Führungsebene des Vereins. Erst zog sich der langjährige Präsident Klaus Hofmann zurück und zuletzt der seit Dezember 2012 amtierende Geschäftsführer Sport, Stefan Reuter – in eine beratende Funktion, wie es heißt.

Das Augsburger Team wurde beständig verjüngt. Zudem gabes Umwälzungen aufder Führungsebeneim Verein

Ströll ist nun alleiniger Geschäftsführer. Vor knapp einem Jahr hatte Ströll als mittelfristiges Ziel für den FCA ausgerufen, man wolle sich unter den ersten zehn der Bundesliga etablieren. Im vergangenen Mai war der Klassenverbleib nur dank Hilfe der Konkurrenz geschafft worden. Danach wurden weitere langjährige Säulen der Mannschaft entweder verabschiedet oder zumindest so gut wie aussortiert, wie im Fall von Abwehrroutinier Jeffrey Gouweleeuw. Es passt ins Bild, dass der Niederländer zuletzt wieder gefragt war als Innenverteidiger und er nach der verdienten Niederlage gegen Darmstadt auch auf die Vereinsführung verwies, als es um die Gründe für Augsburgs missliche Lage ging. Für Maaßen ist das ein schwacher Trost. Er sei „natürlich enttäuscht über diese Entscheidung“, sagte er.

Interimsweise wird U23-Trainer Tobias Strobl, 35, die Mannschaft übernehmen. Eine naheliegende Lösung für Maaßens Nachfolge wäre André Breitenreiter. Der 50-Jährige trainierte in der Bundesliga bereits Paderborn, Schalke, Hannover und zuletzt bis Februar 2023 Hoffenheim. Seinen wohl größten Trainererfolg erlebte Breitenreiter in der Schweiz beim FC Zürich, mit dem er 2022 Meister wurde. Sportdirektor beim FCZ war damals der heutige Sportdirektor des FCA, Marinko Jurendic. Ob nun wieder eine Zusammenarbeit zwischen Breitenreiter und Jurendic zustande kommt, ist offen.

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