piwik no script img

das wird„Wir handeln nicht nachhaltig“

Keine falschen Hoffnungen in Sachen Nachhaltigkeit weckt ein Symposium in Hamburgs Oberhafen

Interview Paul Weinheimer

taz: Was haben Angst, Ekel und Scheitern mit Nachhaltigkeit zu tun?

Yvonne Siegmund: Es geht uns darum, die blinden Flecken der Nachhaltigkeit sichtbar zu machen. Darunter fallen Widersprüchlichkeiten im nachhaltigen Handeln, Ignoranz oder Kurzsichtigkeit sowie Doppelmoral, Intransparenz oder Illusionen, die politisch und im eigenen Handeln bestehen.

Geht es also um neue Perspektiven auf den Begriff der Nachhaltigkeit?

Der Begriff wird mittlerweile sehr inflationär verwendet: Welches Unternehmen labelt sich nicht damit, welche Po­li­ti­ke­r*in­nen tun das nicht? Fakt ist dabei jedoch, dass wir nicht konsequent nachhaltig handeln und leben können. Es ist nicht leicht, in einer schmutzigen Welt sauber zu bleiben, auf dieser Aussage fußt gewissermaßen unsere These.

Inwiefern?

Im Grunde genommen verlagern wir Probleme permanent, also räumlich oder zeitlich.Beispielsweise landen unser Müll, und unser Elektroschrott im globalen Süden. Ebenso verhält es sich mit Nachhaltigkeitszielen, die werden politisch aufgeschoben und sind abhängig von Legislaturperioden und von dem Willen großer Unternehmen, also marktwirtschaftlichen Interessen.

Was ist das Ziel des Symposiums?

Foto: privat

Yvonne Siegmund,

Jahrgang 1981, hat Architektur und Urban Design, in letzterem promoviert.

Wir glauben, dass man mit einer größeren Offenheit und damit auch Ehrlichkeit künftig Fragen besser beantworten kann und dadurch auch bessere und nachhaltigere Ergebnisse erreicht.

Der Titel „Angst, Ekel, Scheitern“ wirkt dystopisch: Findet sich das im Programm wieder?

Ja und Nein. Mir ist es wichtig zu betonen, dass wir uns dem Ganzen in der Veranstaltung nicht nur über klassische Vorträge annehmen. Das Programm ist sehr bunt. Es wird auch interaktive Formate geben, unter anderem mit einem spielerischen Augenzwinkern. Darunter mitunter partizipative Workshops und künstlerische Positionen. Beispielsweise haben wir aus alten Kartons eine regelrechte Halle gebaut, in die man sich begeben kann und die wie ein moderner Beichtstuhl funktioniert. Dort kann man seine Sünden an die Wand schreiben und am Ende der Veranstaltung wollen wir diese gemeinsam zerschneiden und als „Wall of Shame“ präsentieren. Ich denke nicht, dass es thematisch düster wird. Es soll vor allem auch Spaß machen, sich damit auseinanderzusetzen. Es ist dabei nicht nur das eine oder das andere, sondern immer beides.

Welches Publikum soll die Veranstaltung ansprechen?

Eigentlich alle Menschen, die Interesse an Nachhaltigkeit haben.

Angst, Ekel, Scheitern: Die blinden Flecken der Nachhaltigkeit, Symposium v. 25.-27. 5. Hamburg, Oberhafen. Anmeldung unter https://angstekelscheitern.de

Aus welchen Bereichen kommen die Sprecher:innen?

Es gibt vermehrt Beiträge aus der Architektur, der Kunst und Kultur. Dabei allerdings auch praxisnahe Bereiche. So unter anderem die Hanseatische Materialverwaltung, die über das Scheitern spricht. Das ist gerade im Feld der Gemeinnützigkeit leider oft ein Thema. Wir haben außerdem eine Vertreterin von Scientist Rebellion zu Gast. Ebenso wie Wis­sen­schaft­le­r:in­nen aus verschiedenen Feldern, die sich mit dem Natur-Mensch Verhältnis und der globalen Klimakrise auseinandersetzen.

Auf Ihrer Website stehen schon die Folgejahre, handelt es sich um eine fortlaufende Reihe?

Das war eine witzige Idee unseres Grafikers, der das anfangs erwähnte „Aufschieben“ von politischen Zielen versucht hat, grafisch umzusetzen. Außerdem gibt es natürlich den Wunsch, die Veranstaltung zu verstetigen. Diese Pläne sind allerdings bislang noch unkonkret.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen