wortwechsel: Alles nur „Symbolpolitik“? Die Bagger? Die Polizei?
Lützerath: Ein Widerstandsort. Für den Protest gegen Kohleförderung und Klimazerstörung. Und die Grünen regieren mit – bei Polizeieinsatz und Räumung? Bestimmt nur symbolisch!
„Police for Future!“
„Tausende protestieren in Lützerath“,
taz vom 9. 1. 23
Menschen sind Gewohnheitstiere, auch wir Aktivist:innen wiederholen Vorgehensweisen. Vor allem in Stresssituationen kommt uns vielleicht alles ausweglos vor, dann greifen wir darauf zurück, was Menschen vor uns gemacht haben, zum Beispiel im Danni oder im Hambi. Ja, es wird ein Kampf werden. Und das soll es auch, oder? Es scheint wie ein Wettrüsten. Auf der einen Seite Aktivist:innen, die sich gewaltfrei widersetzen möchten. Auf der anderen Seite Polizist:innen, die ihre Befehle auch mal mit gewalttätigen Mitteln ausführen. Aber wir wissen doch, was dabei herauskommt: wochenlanger Stress auf beiden Seiten. Ausbrechende Emotionen, körperlich und seelisch verletzte Menschen. Ja, es kann ein Zeichen setzen. Ich verstehe die Motivation der Aktivist:innen vor Ort. Aufgeben ist keine Option. Die Trauer und die Verzweiflung kann mensch überall auf den Bannern, Baumhäusern und den Gesichtern der Menschen sehen. Und auch Polizist:innen sind Menschen, die die gleichen Emotionen haben wie Aktivist:innen. Wut entsteht, wenn sie beleidigt werden, ihr Beruf nicht wertgeschätzt wird. Eine große Masse an weiß gekleideten und vermummten Menschen macht Angst. Ich möchte hiermit nicht das Polizeisystem verteidigen. Ich würde mir wünschen, dass zumindest 100 der angerückten Polizist:innen in Lützerath sich dem Befehl widersetzen würden. Wo ist die „Police for Future“? Rahel Dehlinger, Freiburg
„Justiz for Future!“
„David und Goliath“, taz vom 10. 1. 23
Das Bundesverfassungsgericht hat in Sachen Klimaschutz 2021 ein eindeutiges Urteil gefällt. Der RWE-Deal verstößt eindeutig dagegen, denn durch die Masse an CO2, die durch die Kohle freigesetzt wird, die unter Lützerath lagert, wird den jüngeren Menschen das Grundrecht auf Freiheit genommen. Dies zudem noch, ohne dass es für die Energiesicherheit nötig wäre, wie große Institute wissenschaftlich klar darlegen. Einzig für den Profit des Konzerns RWE werden die Grünen in Zukunft politisch keine Rolle mehr spielen – es sei denn, sie kommen sehr kurzfristig doch noch zur Vernunft und stoppen die Räumung Lützeraths.
Stefan Bluemer, Essen
Liebe Grüne, bei aller Wertschätzung und dem Verständnis, dass Regierungsarbeit mit Kompromissen einhergeht: Es besteht die Gefahr, dass ihr euch von euren Wurzeln abschneidet. Soweit mir bekannt, ist auch die grüne Bewegung aus einer Form des zivilen Ungehorsam hervorgegangen. Wunderwelt auf taz.de
Die riesigen Kraterlandschaften, die der Abbau des fossilen Energieträgers Kohle hinterlässt, sind allein schon ein unermesslicher, nur mühsam und mit geringer Erfolgsquote zu „renaturierender“ Umweltschaden. Der letzte Akt folgt daher nicht nur den Regeln des Trauerspiels, sondern auch denen des vorausgegangenen Betrugs und der Täuschung. Grund und Boden, den Eigentümern längst am Rande der Legalität entwunden, sind in fremder Verfügungsgewalt.
Thomas Keller, Kassel
„2023 n. Chr.: Ganz Deutschland ist von Baggern besetzt …“, wochentaz vom 7. 1. 23
Das Titelbild mit der NRW-Landkarte, auf der Lützerath als Widerstandsort per Lupe zu sehen ist, erschien mir auf den ersten Blick originell und „asterixisch“-rebellisch. Leider fehlte auf der NRW-Karte unter der Lupe ein gewisser Ort namens Würgassen vor der Haustür Niedersachsens. Dort wird mit viel CO2-Aufkommen und unnötigen Transporten ein gigantisches bundesweites Lager für Atommüll entstehen! Arno Schelle, Fredelsloh
„Ihr habt euch verrechnet“,
wochentaz vom 7. 1. 23
Eure Berichterstattung zu Lützerath ist ausgesprochen einseitig. Fakt ist, dass kein Gramm CO2 eingespart wird, wenn RWE um Lützerath herum baggert und den Ort erhält. Der einzige Effekt ist, dass der Tagebau für die dort Beschäftigten deutlich unsicherer würde, weil die Standfestigkeit der Böschungen schwerer zu sichern ist. Über den künftigen CO2-Ausstoß entscheidet allein, wie sich der verschärfte, von der EU beschlossene, Emissionshandel auswirkt und wie schnell wir beim Ausbau erneuerbarer Energien vorankommen. Da haben die grünen Minister in einem Jahr auf Bundes- und Landesebene schon sehr viel getan, um diesen Ausbau zu beschleunigen. Mehr konnte de facto nicht getan werden. Da ist Luisa Neubauer, die aber natürlich auch ihr Image als „heroe“ gegen den Klimawandel pflegen muss, ausgesprochen unfair in ihrem Urteil. Roger Peltzer, Kerpen
Ich habe so was die Schnauze voll von Symbolpolitik! Auch von „Lützi“. Ich kann nicht beurteilen, ob die Berechnungen von Luisa Neubauer stimmen oder die von Habeck oder sonst welche. Ich sehe das aus der Perspektive von jemandem, der anhand von aktuellen ihm bekannten Kriterien entscheiden soll (und will), ob er seine Verbrenner durch Regenerative ersetzt. Also dort, wo das CO2 physikalisch entsteht. Jetzt bräuchten wir: planbare Szenarien für die, die letztlich ganz am Ende die Energiewende umsetzen sollen. Vielleicht ein garantiert günstiger Strompreis für E-Autos und Wärmepumpen? Subventionen für heimische Wind- und Solarindustrie, Akkuhersteller, Speicherhersteller? Das Verzichtsszenario („Steinzeit“, 70er Jahre) wird nicht durchsetzbar sein. Thomas Keller, Königswinter
Stellt euch mal vor …
Liebes taz-Team, gibt es eigentlich schon einen Aufruf dazu, (handgeschriebene) Briefe an die RWE-Geschäftsleitung zu schicken, um diese zum Umdenken zu bewegen? Das könnte ein Weg des Protestes für diejenigen sein, die nicht vor Ort protestieren können. Stellt euch mal vor, in den nächsten Tagen würden Tausende individuelle, liebevoll gefertigte oder (und) auch wütende Poststücke in der Firmenzentrale landen! Vielen Dank für eure Berichterstattung. Es ist schier unglaublich, was dort geschieht!
Ist das die gleiche Regierung, die von der Energiewende schwafelt?
Name ist der Redaktion bekannt
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen