wortwechsel: Feminismus und Waffen
Waffen sollen der Ukraine zur Selbstverteidigung dienen, aber verroht durch sie die Gesellschaft? Leser:innen argwöhnen Geschichtsmythen im Umgang mit Zweitem Weltkrieg
Feministisch und Grün
„Militarismus ist unfeministisch“, taz vom 7. 5. 22
Ein großer Dank an Frau Mühlenhoff für die Darstellung einer feministischen Außenpolitik: Wollen wir einen Staat retten oder die Menschen? Offen bleibt die Frage, wie „feministisch“ (und wie „grün“) die Politik unserer grünen Außenministerin tatsächlich ist.
Hierzu bitte mehr Artikel.
Mark Ackermann, Hergatz
Männer mit Waffen
„Militarismus ist unfeministisch“, taz vom 7. 5. 22
Die Autorin schreibt, dass es fraglich ist, ob unsere Waffen das Leben von ukrainischen Frauen retten. Dazu die Information einer Frau aus der Ukraine: Sie sagt, dass sie sich ein paar Tage nicht aus dem Haus gewagt haben, wegen der ukrainischen (!) Männer, die jetzt bewaffnet rumlaufen. Nicht alle Frauen dort unterstützen, dass und wie Selensky Waffen verteilen lässt. Ob diese Stimmen auch Gehör in den Medien finden?
Cornelia Künzel, Obernkirchen
Patriarchat
„Militarismus ist unfeministisch“, taz vom 7. 5. 22
Gewiss war der Vorwurf, die Ablehnung von Waffenlieferungen an die Ukraine sei unfeministisich, abwegig. Und Militarismus führt zur Verrohung, und ist natürlich abzulehnen. Aber in den meisten europäischen Ländern ist Militarismus doch out – im Gegensatz zu Putins Russland, wo er sogar Staatsdoktrin ist. Was meint Frau Mühlenhoff, wenn sie schreibt „patriarchale und militarisierte Normen in unseren Gesellschaften … hätten auch ihren Teil zu diesem Krieg beigetragen“. Wirklich? Ist unser Verhalten mitverantwortlich für Putins Überfall auf die Ukraine? Die Sicherheit von Menschen in den Mittelpunkt zu stellen anstatt der Sicherheit von Staaten, ist eigentlich der richtige Ansatz. Waffenlieferungen ersetzen keine Verhandlungen, aber sie erlauben es den Ukrainern, in eine günstigere Ausgangsposition für Gespräche zu kommen. Auch wenn die Bundesregierung jetzt die Lieferung schwerer Waffen nicht mehr ausschließt, handelt sie doch sehr überlegt und zurückhaltend.
Eduard Belotti, Augsburg
UN-Resolution 1325
„Militarismus ist unfeministisch“, taz vom 7. 5. 22
Mit der UN-Resolution 1325 wurde 2000 einstimmig beschlossen, Frauen gleichberechtigt in Friedensverhandlungen, Konfliktlösungen und den Wiederaufbau einzubeziehen. Auf der Seite der Leserbriefe vom 7./8. 5. 22 waren von 9 Beträgen 4 von Frauen veröffentlicht. All diese Beiträge plädieren für Besonnenheit, Abkehr von „säbelrasselnden Talkshows“, die „starre Front der Waffenbefürworter“ aufzubrechen, fordern einen konstruktiven und wertschätzenden öffentlichen Dialog, und diesen nicht abzukanzeln. Bravo! Und mit dem Beitrag von Hanna L. Mühlenhoff hat auch eine Feministin Platz bekommen, die den öffentlichen Dialog konstruktiv und die Position von Frauen/Feministinnen fordert. Sie fordert nicht nur (z. B. auch schwere Waffen), sie hat auch Argumente und vor allen Dingen Vorstellungen, was die Konsequenz von Lieferungen schwerer Waffen sein könnte. Sie macht deutlich, warum es dringend erforderlich ist, Frauen, Feministinnen in diesen Dialog, in diese Diskussion und vor allen Dingen in Entscheidungen einzubinden. Sie fordert, was 2000 die UN einstimmig befürwortet hat.
Karin Schüler, Bonn
Familienleben
„Die Helikoptermutter“, taz vom 11. 5. 22
Empörung scheint neuer Volkssport. Zuvorderst und vor allem wenn es um die Politikerinnen unseres Landes geht. Selbstredend sollte der Bengel unserer Verteidigungsministerin nicht ständig mit im Flieger sitzen. Aber mal ehrlich, als Politiker:in auf Bundesebene steht das Familienleben chronisch hintenan. Zeit für Familie und Beisammensein ist wohl eher dünn gesät. Also vermeintlich umso verständlicher, wenigstens über Ostern in den Urlaub zu fahren. Oder auch mit einem kranken Mann und Kindern in eine wohlverdiente Auszeit, wie im Fall von Anne Spiegel. Meist sind ja die, die am lautesten schreien, die ersten, die wie auch immer geartete Schlupflöcher ausnutzen und fünfe selbstgerecht öfter gerade sein lassen. Sabrina Neugebauer, Hamburg
Schmerz und Leid
„Urlaub vom Krieg“, taz vom 7. 5. 22
Der Bericht „Urlaub vom Krieg“ an Anastasia Magasowa hat mich sehr beeindruckt und berührt. Sie hat den Krieg mit all dem Schmerz und Leid erlebt und sie weiß nicht, wie sie damit umgehen soll, solange der Krieg andauert. Das hat mich an die Erfahrungen und Erinnerungen des inzwischen verstorbenen vietnamesischen buddhistischen Mönches Thich Nhat Hanh erinnert. In einem Video auf Youtube mit dem Titel „A cloud never dies“ („Eine Wolke stirbt nie“) wird das Leben von Thich Nhat Hanh erzählt und wie er mit dem Schmerz und Leid während des Vietnamkrieges umgegangen ist. Eva-Maria Huffer, Bendorf-Sayn
Geschichtsmythen
„Putin ist der zweite Stalin“, taz vom 9. 5. 22
„Die tatsächliche Geschichte des Zweiten Weltkrieges ist, dass Stalin diesen Krieg geplant hatte, der die ganze Welt erfassen und erst enden sollte, wenn auch noch die letzte argentinische Sowjetrepublik ein Teil der UdSSR geworden sein würde.“ Auch wenn wir den Angriffskrieg Russlands ebenso verurteilen wie den Stalinismus – das rechtfertigt in keinster Weise einen solchen krassen, perfiden Geschichtsrevisionismus, der die Wehrmacht posthum bald zum Teil der demokratischen Bewegung erklären wird. Ein kritischer Blick gegenüber Geschichtsmythen, die von einem überschäumenden Nationalismus und seinem Freund-Feind-Schema geprägt sind, wäre weiterhin schön. Peter Birke, Göttingen
Stalin und andere
„Putin ist der zweite Stalin“, taz vom 9. 5. 22
Die Verbrechen der Wehrmacht an der ukrainischen Bevölkerung gingen ja wohl nicht von Stalin aus. Und die Ermordung der ukrainischen jüdischen Bevölkerung doch wohl auch nicht. Vielmehr hatten manche in der Ukraine von den deutschen Truppen die Befreiung von der sowjetischen Besatzung erhofft … und nicht wenige wollten auch die „kommunistischen Juden“ loswerden. Ohne Zweifel sind in der gesamten Sowjetzeit, vor allem unter Stalin, entsetzliche Verbrechen geschehen, aber dieser Artikel ist schon starker Tabak!
Daniela Kreh, Neustadt/Wstr
Kritik an Welzer
„Ganz präsente Arroganz“, taz vom 10. 5. 22
Welzer hat es geschafft, dass Melnyk „geradezu sympathisch höflich und dezent im Vergleich zu seinem Kontrahenten“ wirkte, meint der taz-Autor. Dessen Wahrnehmung zeigt mir vor allem, dass die Erwartungen an diesen Botschafter auf einem Tiefpunkt angekommen sein müssen. Immerhin hatte er Welzer vorgeworfen, nur in seinem Professorenzimmer zu sitzen, um ihn dann mit den Worten abzukanzeln „Was Sie anbieten, ist moralisch verwahrlost“. Sympathisch und höflich geht anders. Noch weniger verstehe ich die Kritik an Welzer, er habe „sehr wenig über die Toten“ geredet, „nicht angemessen oft“ Mitgefühl für die Ukraine gezeigt und sich stattdessen „auf eigene Sorgen konzentriert“. Natürlich, denn genau darum ging es, „die Sorge“ zu begründen gegenüber der fortschreitenden Eskalation in der deutschen Politik – in einer Debatte mit 4 Gegenstimmen und einem Redeanteil von 11 Minuten
Andreas Macat,Wuppertal
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