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wortwechselDie Themen der Zeit: Krieg, Klima und Corona

Wirtschaft kontra Menschenrechte – gibt es eine pazifistische Alternative zu Waffenlieferungen? Kann man die Erderwärmung noch stoppen? Was heißt Brudervolk?

Demo am 6. 4. in Berlin erinnert an die Ermordeten von Butscha Foto: Florian Boillot

Russlands Gas

„EU will neue Sanktionen“,

taz vom 6. 4. 22

Die Ampel hat’s geschafft: Deutschland ist Putins größter und verlässlichster Geldgeber. Und lässt sich davon auch nicht durch hässliche Bilder aus Butscha abbringen. Aushalten von Bildern haben wir allerdings schon vorher gewissenhaft geübt – erfrierende Flüchtlinge an Polens Grenze, von Ratten angefressene Flüchtlingskinder auf griechischen Inseln, an Corona sterbende Drittweltler (Impfpatentschutz!) –, beim Aushalten von Wohlstandseinbußen dagegen sind wir laut Habeck und Co aber sehr, sehr sensibel. China wird das bei der Wahrnehmung seiner Interessen – Taiwan, Tibet, Uiguren – wohlwollend zur Kenntnis nehmen. Also, ich bin stolz auf diese Ampel und dieses Deutschland. Dicke Gratulation zum standhaften Aushalten. Randnotiz: Das deutsche Geld kann Putin zwar nicht direkt zum Finanzieren seines Krieges benutzen (braucht er auch nicht), aber zur Weiterverbreitung seiner Ideologie, was langfristig noch viel katastrophaler ist.

Frank Liepold, Durmersheim

Pazifistische Alternativen?

„Das Ziel: Sieg über Russland“,

taz vom 31. 3. 22

Was wir lange nicht verstanden haben: Die Nato als Bündnis, welches die wirtschaftliche und soziale Gesellschaftsordnung des Westens auch offensiv verteidigte, hatte es eben nicht mehr mit einem post­sowjetischen System zu tun. Das Russland der 90er ff. knüpft nahtlos an das zaristisch-frühkapitalistische System an. Es ist imperial und antidemokratisch. Was nicht verwunderlich ist, denn der stalinistische Staat verunmöglichte private und gesellschaftliche Teilhabekompetenzen. Die Frage bleibt nach den demokratisch-pazifistischen Alternativen der Einflussnahme auf die mörderische Kriegsführung des Kremls.

Rüdiger Hezel, Sachsenheim

Erderwärmung und Gletscherschmelze

„Lemke/Habeck: Vögel schützen, Rotoren bauen“,

taz vom 5. 4. 22

Anders als vom IPCC vorhergesagt, ­stiegen die Temperaturen von 1990 bis 2014 nicht so stark. Es kamen Differenzen von bis zu einem Grad zustande. Offensichtlich haben die Meere in den letzten Jahrzehnten außergewöhnlich viel Wärme aus der Erdatmosphäre aufgenommen. Deswegen schmelzen auch die Pole schneller ab. Mittlerweile entwickelte sich die Prognose, dass der Golfstrom aufgrund der Süßwasserzufuhr aus dem geschmolzenen Eis zum Erliegen kommt. Dies könnte eine lange eisige Zeit für große Teile der Nordhalbkugel zur Folge haben; dies ­wiederum krasse globale Klimagegensätze. Wie auch immer, der Zug ist abgefahren! Mit acht Milliarden Menschen und selbst bei einem ursprünglich geplanten vorindustriellen CO2-Fußabdruck von 1 Tonne (derzeit fast 5 ­Tonnen) kann keine Minderung an Treibhausgaskonzentration erfolgen. Dieses Worst-Case-Szenario lässt sich sogar mit einfacher Mathematik begründen. Noch einfacher: Das, was der Mensch in die ­Biosphäre emittiert, ist zusätzlich! Das hat Folgen, selbst bei einem Abbau in langen Zeiträumen. Hinweis: Urwälder müssen entstehen können, damit wenigstens (anteilig betrachtet) das an CO2 gespeichert werden kann, was die ursprünglichen Wälder auch einmal hatten (Urwälder speichern viermal so viel wie zivilisatorische „Parkwälder“). Die ­Treibhausgase aus Industrie, Verkehr und Haushalten passen da rechnerisch nicht rein. Aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt, auch wenn ein negatives ­Bevölkerungswachstum die entscheidende Lösung gewesen wäre. Schließlich geht es um unser ­Verhalten insgesamt, das Fauna und Flora extrem schädigt.

Rolf Dombrowsky, Dortmund

Kutschaty-Interview

„Atomkraft, Braunkohle und Gas sind keine billigen Energien“,

taz vom 2. 4. 22

Schade, dass die taz den Spitzen­kandidaten der SPD, Thomas Kutschaty, nicht nach seiner Meinung zum ge­planten riesigen Atomdauerzwischen­lager in Würgassen befragt. Ist das für euch oder für ihn kein Thema? Immerhin soll bundesweit Atommüll für Schacht Konrad in eine überdimensionierte Riesenhalle im Hochwassergebiet der Weser am Standort des alten AKWs herangekarrt werden. Das Dreiländereck NRW, Hessen und Niedersachsen steht Kopf. Da wäre ein Nachfragen im Wahlkampf schon angebracht. Weder atom- noch klimapolitisch macht diese verheerende Logistik zwischen dem 120 Kilometer entfernten Schacht Konrad und Würgassen an der Weser irgendwelchen Sinn. Würgassen? Sein lassen.

Arno Schelle, Fredelsloh

Wegfall Maskenpflicht

„Viele wollen weiter Maske tragen“,

taz vom 3. 4. 22

Ich werde meine Maske weitertragen, weil ich die aktuellen Coronamaßnahmen unverantwortlich finde! Die Corona-Inzidenzen stagnieren derzeit auf einem hohen Niveau, und die Auslastung der Krankenhausbetten einschließlich Intensivstationen ist wegen krankheitsbedingtem Personalmangel im Ansteigen begriffen. Die neue Ampelkoalition ist in ihren ­Maßnahmen zerstritten, der Bundesgesundheitsminister Lauterbach muss unsinnige Regeln verteidigen, die er früher so nicht vertreten hätte, und die FDP verfolgt mit ihrem übertriebenen Freiheitsgequatsche eine Politik aus dem Tollhaus.

Thomas Henschke, Berlin

EU-Kreislaufwirtschaft

„Mehr Secondhand-Kleidung für alle“,

taz vom 31. 3. 22

Weshalb wir uns zigmal pro Saison neu einkleiden sollen, hat sich mir noch nie ganz erschlossen. Die Werbung erzählt uns seit Jahrzehnten, dass wir uns immer wieder das neueste Modell von Auto, Anzug, Kleid, Smartphone, Waschmaschine, Werkzeug usw. zu kaufen hätten, um nicht als unmodern dazustehen. Das Problem ist, dass wir darauf hereinfallen und mitmachen. Ich habe schon länger erkannt, dass die besten Dinge, die ich besitze, in den meisten Fällen auch die ältesten sind. Weil sie bis jetzt gehalten haben und dies wahrscheinlich auch noch lange tun. Der Vorstoß der EU, was die Regulierung einer Kreislaufwirtschaft mit gleichzeitiger Bekämpfung der von den Herstellern geplanten Obsoleszenz angeht, ist sehr zu begrüßen.

Ullrich Herzau, Berlin

Impfpflicht

„Sind wir die Guten, Opa?“,

taz vom 30. 3. 22

Lieber Georg Seeßlen, wirklich schade, dass es keinen Nobelpreis für außergewöhnliche Opa-Antworten gibt – Sie wären ein ganz besonders würdiger Preisträger geworden! Ich bin zwar gegen eine Impfpflicht, im Falle Ihres „schlag_lochs“ aber unbedingt für eine Lektürepflicht aller des Lesens mächtigen Menschen. Danke für diesen gedanklichen Genuss, auch wenn der Anlass ein trauriger ist …

Werner Jäger-Franke, Amtzell

Wolodimir Selenski

„Die Kunst der Kommunikation“,

taz vom 2. 4. 22

Sicher ist es beeindruckend, mit welcher Leichtigkeit sich Selenski der Social Media bedient. Aber was kommuniziert er? Er polarisiert, ist aggressiv, respektlos, unsachlich und manipuliert. Er treibt die Regierungen der westlichen Welt vor sich her und fordert immer mehr Härte. Mit Arroganz und Überheblichkeit eskaliert er den Konflikt und diffamiert Lösungsansätze, die friedensfördernde Maßnahmen einbeziehen. Ich wünsche mehr Anstrengungen für eine friedliche Lösung.

Andrea Schuhmacher, Castillon-la-Bataille

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