heute in bremen: „Wir verbrauchen alle viel zu viel“
Saher Khanaqa-Kükelhahn
53, ist Psychotherapeutin und Gründerin Integrationsprojekt „Face to Face“ aus der Neuen Vahr.
Interview Mahé Crüsemann
taz: Frau Khanaqa-Kükelhahn, warum sollte ich meine alten Sachen upcyceln und mir nicht einfach etwas Schickes, Neues kaufen?
Saher Khanaqa-Kükelhahn: Wir verbrauchen viel zu viel. Bis ein T-Shirt hergestellt ist, werden Unmengen an Wasser verbraucht, schon für die Gewinnung von der Baumwolle. Es ist eine ökologische Katastrophe, etwas wegzuschmeißen
Was hat Upcycling mit Integration zu tun?
Viele Teilnehmer:innen waren lange auf der Flucht. Bei uns versuchen wir ihnen natürlich die Sprache beizubringen, aber auch sogenannte Soft Skills. Wir entwickeln unsere Projekte nicht einfach so aus unseren Köpfen heraus, sondern aus dem, was die Teilnehmer:innen auch selber vorschlagen. Sie haben oft selber jahrelang ihre Kleidung upgecycelt. Mit dem Projekt machen wir also etwas Wertvolles aus Altem. Und dabei lernt man auch Deutsch.
Wie das?
Es ist ja kein Beschäftigungsprojekt, bei dem die Menschen sich alleine beschäftigen. Es ist eine Möglichkeit sich auszutauschen und der ganze Stadtteil ist mit dabei. Man näht zusammen, man spricht Deutsch, man tauscht sich aus.
Und wenn ich gar nicht nähen kann?
Eröffnung eines Upcycling-Cafés: Das Projekt „Face to Face“ aus der Vahr eröffnet einen Laden im Einkaufszentrum Berliner Freiheit, Samstag, 11 Uhr
Wir haben Schneider:innen und Designer:innen im neuen Laden, die werden auch Kurse geben. Der Laden ist wunderschön gestaltet, man kann Kaffee trinken und dort die Zeit verbringen. Nachmittags können die Teilnehmer:innen in offenen Werkstätten arbeiten. Während der Nähkurse oder in der Werkstatt kommt man dann hoffentlich ins Gespräch. Und das Ganze ist kostenlos, weil wir vom Europäischen Sozialfond (ESF) finanziert werden. Und es geht ja auch darum, aus Altem etwas Neues zu gestalten, da wollen wir, dass sich das jede:r leisten kann.
Kann man denn alles upcyceln?
Auf jeden Fall. Wir haben verschiedene Techniken, mit denen man auch aus den ältesten T-Shirts noch etwas Tolles machen kann. Wir schneiden etwa Streifen und machen daraus wirklich sehr modische Teppiche. Wir haben es hingekriegt, eine richtige Mode aus den Sachen zu machen. Und es sind ja alles Unikate, die wir herstellen, das ist schon etwas Besonderes.
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