Gegenwind für türkische Drogendealer

Protest gegen Drogenhändler im Mariannenkiez, organisiert von türkischen Eltern und Jugendarbeitern, zeigt erste Erfolge: PolitikerInnen, Gewerbetreibende und Moscheegemeinden unterstützen die Aktion. Mütter sammeln heute Unterschriften

Die Unterschriftenlisten hängen in zahlreichen Läden und Cafésdes Mariannenkiezes

von CEM SEY

Die Aktion gegen Drogendealer rund um den Kreuzberger Mariannenplatz, organisiert von türkischen Eltern und Jugendarbeitern (die taz berichtete), rüttelt den Kiez auf. Heute wollen erstmals türkische Mütter am Maybachufer-Markt Unterschriften gegen den Verkauf von Drogen sammeln.

Nachdem es vor knapp zwei Wochen zu Handgreiflichkeiten zwischen türkischstämmigen Drogendealern, Eltern und Jugendarbeitern des Naturkinderspielplatzes „Civili Park“ in der Waldemarstraße gekommen war, hatten die Anwohnenden die Unterschriftenaktion angeregt. In dem Flugblatt sprechen sie von einer „letzten Warnung“. Sie drohen den Dealern „mit drastischen Maßnahmen“, sollten sie nicht aufhören, vor allem Haschisch und LSD an häufig gerade einmal zwölfjährige Migrantenkinder zu verkaufen und sie als Drogenkuriere zu missbrauchen.

Die zuständige Polizeidienststelle hatte in den vergangenen Tagen verstärkt den Kiez kontrolliert. In Hinterhöfen im Mariannenkiez sollen nach – von der Polizei nicht bestätigten – Meldungen kiloweise Drogen gefunden worden sein. Im Moment hielten sich die Dealer deswegen bedeckt, sagte ein Jugendarbeiter der taz.

Nachdem Medien über den Protest der Eltern berichtet hatten, meldeten sich rund 20 weitere türkischstämmige Mütter bei der Initiative. „Sie bieten ihre Unterstützung an und wollen auf türkischen Märkten Unterschriften sammeln“, sagte Ercan Yasaroglu, Jugendarbeiter des „Civili Park“ und einer der Initiatoren. Viele Väter hingegen trauten sich nicht. „Sie sind oder waren selber in Drogengeschäfte verwickelt. Jetzt schämen sie sich vor den eigenen Kindern“, vermutet Yasaroglu.

Nicht nur bei Eltern ist die Empörung über den Drogenhandel groß; auch die Gewerbetreibenden im Kiez sind aufgeschreckt. Tatsächlich hängen die Unterschriftenlisten bereits in zahlreichen Läden und Cafés des Mariannenkiezes und am Heinrichplatz. Zudem haben sich inzwischen sechs Kreuzberger Moscheegemeinden der Antidrogenaktion angeschlossen, sagte Yasaroglu.

Drogen sind ein Thema, das die Berliner Muslime seit Jahren erschreckt. Immer wieder werde in den hiesigen Moscheen darauf hingewiesen, dass die Kinder der Migranten sowohl als Händler wie auch als Konsumenten von Drogen besonders gefährdet seien, berichtet Ercan Yasaroglu.

Der Jugendarbeiter wurde unterdessen von Mitgliedern der PDS und den Grünen angesprochen. Die Bürgermeisterin des Bezirks, Cornelia Reinauer (PDS), bat eine Abgeordnete ihrer Partei darum, Kontakt zu der Initiative aufzunehmen. Auch der türkischstämmige Abgeordnete der Grünen, Özcan Mutlu, schaltete sich ein und bot Unterstützung in Form seiner Teilnahme an einer öffentlichen Veranstaltung zu diesem Thema an. Für andere Aktionen, ließ Mutlu ausrichten, habe er im Moment allerdings keine Zeit.

Obwohl sie sich zurückgezogen haben, sind die Drogendealer keineswegs ganz untergetaucht. „Die Unterschriftenlisten in den Läden werden zerrissen, Menschen werden bedroht“, berichtet Yasaroglu. „Mich haben sie durch einen Mittelsmann wissen lassen, dass diese Aktion für mich eine Nummer zu groß sei.“