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Snow Food

Frisches Gemüse ernten im Winter: Das schmeckt und ist ökologischer als Treibhaus- oder Importware. Gartenbauexperte Wolfgang Palmer hat darüber ein Buch geschrieben

Von Kristina Simons

Ein bisschen Schusseligkeit kann die besten Ideen ans Licht bringen: Im Gemüsebeet vergessene Salate haben den Gartenbauexperten Wolfgang Palme gelehrt, wie gut und intensiv das Grünzeug auch nach Wintereinbruch schmeckt. Die Salate, denen eigentlich eine Frosthärte von –3 bis –5 °C zugestanden wird, blieben sogar bei Temperaturen von –15 °C frisch, saftig und grün.

Seitdem ist der Winter für Palme alles andere als eine „tote Jahreszeit“ im Garten. Den Gemüseanbau im Winter erforscht der Österreicher an der Höheren Bundeslehr- und Forschungsanstalt für Gartenbau Schönbrunn. Er reihte mit seinem Forscherteam über 77 Gemüsearten in die Kategorie voll frostresistenter Winterkandidaten ein. Außerdem betreut Palme mitten in Wien die City Farm Augarten, einen städtischen Erlebnisgarten mit Workshops für Erwachsene und Angeboten für Kindergarten- und Schulkinder. Im Winter steht hier „Ernten im Schnee“ oder „Eiszapfen und Eissalat – frisches Gemüse im Winter“ auf dem Programm. Nun hat Palme ein Buch übers Gärtnern und Ernten im Winter geschrieben.

Gärtnern im Winter härtet nicht nur ab, sondern ist auch sehr viel ökologischer, als sich mit Gemüse aus heimischen beheizten und oft künstlich belichteten Intensivgewächshäusern zu versorgen. Oder mit Importware aus dem Süden, das Tausende Kilometer mit dem Lkw hinter sich hat. Beides verschwendet Ressourcen und Energie. „Die winterliche Supermarkt-Frischware kommt auf ökologischer Schuhgröße 97 daher“, so Palme. Laut wissenschaftlichen Untersuchungen werde bei der energieaufwendigen Entstehung der Supermarkt-Frischware oftmals mehr CO2 freigesetzt, als die Produkte an Eigengewicht haben. Der Winter hat für Gemüse zudem den Vorteil, dass es deutlich weniger Schädlinge gibt und es deshalb zum Beispiel nicht gespritzt werden muss.

Ungeahnte Sortimentsbreite

Selbstgeerntetes frisches Gemüse im Winter ist übrigens keine neue Idee. Über Generationen hinweg wurde Wintergemüse aus der Not heraus in ressourcenschonender Weise zum Beispiel in Erdmieten eingelagert. „Neu ist die ungeahnte Sortimentsbreite, die im Winter frisch nutzbar ist, und der genussvolle Zugang, mit dem wir auch in der kalten Jahreszeit aus dem Vollen schöpfen wollen.“ Wären Pflanzen nicht mit allem ausgerüstet, was sie brauchen, um mit Kälte und Winter zurechtzukommen, wären sie auf unserem Planeten nicht so erfolgreich, schreibt Palme. Zwei Drittel der Erdoberfläche seien winterlichen Frösten ausgesetzt. „Pflanzen brechen nicht gleich in Panik aus, wenn die Temperaturen unter den Gefrierpunkt absinken.“ Sie profitieren zudem vom sogenannten Supercooling-Effekt: Es bilden sich nicht sofort Eiskristalle, sobald das Wasser im Pflanzengewebe auf 0 °C sinkt. Dieser Effekt macht viele Pflanzen bis –5 °C frosthart.

Das gilt nicht für sämtliche Gemüse- und Kräuterarten. Gurken oder Basilikum vertragen beispielsweise überhaupt keinen Frost. Auch Tomaten und Paprika eignen sich in unseren Breitengraden im Winter weniger. Dagegen gedeihen unter anderem Blumenkohl, Brokkoli und Endivie bei Temperaturen von –5 bis –7 °C, Pflücksalat, Mangold oder Rettich sogar bei –10 bis –12 °C. Noch robuster sind Grünkohl, Feldsalat, Winterportulak, Asia-Salate, Rucola oder Petersilie: Sie schaffen sogar –15 °C und kälter. Einige Gemüsesorten überstehen die kalte Jahreszeit direkt unter freiem Himmel. Dazu gehören etwa Blattkohle, Zichorien, Mangolde und Lauche. Andere wie Bundkarotten, Jungzwiebeln oder Petersilie schützt Wolfgang Palme mit Folientunneln. Hochbeethauben, (unbeheizte) Kleingewächshäuser oder auch Frühbeetkästen aus Glas oder durchsichtigem Kunststoff schützen Salate, Salatkräuter und Radieschen. Glasglocken, die man über Einzelpflanzen stülpt, lassen sich übrigens auch aus unten aufgeschnittenen Getränkeflaschen aus Plastik selber bauen. Zum Lüften schraubt man einfach den Verschluss auf.

Einfache Lösungen

Palmes Buch enthält zahlreiche solcher Tipps zur Planung des Wintergartens. Und auch zum Anbau von Wintergemüse auf Terrasse, Balkon oder Fensterbrett. „Ich empfehle einfache Lösungen statt aufwändiger Spezialtechnik, um Gemüse auch in der Vertikalen zu pflanzen“, so Palme. Gemüsesorten, die nicht besonders tiefe Wurzeln schlagen, lassen sich nämlich problemlos im Topf ziehen: Blattkohle zum Beispiel, Salate und Salatkräuter oder auch Dauergemüse wie Sauerampfer, Schnittknoblauch oder Winterheckenzwiebel. Wer Rezeptideen für all das Wintergemüse braucht, findet auch die hinten im Buch.

Wolfgang Palme:„Ernte mich im Winter. Einfach immer frisches Gemüse. Säen, wachsen, glücklich sein“, 176 Seiten, 24,90 Euro

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