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Vom geplanten Vergessenwerden

Jugendtheater II: „Mozarts Schwester“ von Daniël van Klaveren im Hans Otto Theater in Potsdam

Von Katrin Bettina Müller

Fanny Hensel, die Schwester von Felix Mendelssohn, geboren 1805, war eine hervorragende Pianistin und komponierte auch, doch es dauerte lange, bis die Musikgeschichte sie wiederentdeckte. Eine öffentliche Karriere als Musikerin durfte sie nicht einschlagen. Ebenso war es der fast 50 Jahre früher geborenen Anna Maria Mozart gegangen. Als junges Mädchen noch hatte sie ihr Vater gemeinsam mit dem drei Jahre jüngeren Wolfgang auf eine dreijährige Reise an Europas Fürstenhöfe mitgenommen, beide begeisterten als Wunderkinder am Piano und an der Geige das adelige Publikum. Bis ihr Auftritt nicht mehr als schicklich galt.

In „Mozarts Schwester“, einem Theaterstück von dem niederländischen Dramatiker Daniël van Klaveren, geht es um die Geschichte ihrer Zurückweisung. Er erzählt von zwei Geschwisterkindern, die eng verbunden sind. Sie lieben sich und ihre Musik, erfinden eine Geheimsprache, die die Welt der Erwachsenen ausschließt, spotten über ihr adeliges Publikum, während sie vierhändig Klavier spielen, und langweilen sich unendlich bei den vielen Kutschfahrten von Konzert zu Konzert.

Kein Platz für Mädchen

Am Hans Otto Theater in Potsdam hat Milena Paulovics das dialogreiche Stück inszeniert. Neben Clara Sonntag als Nannerl und Robin Jentys als Wölfchen spielt Tilmar Kuhn als ihr Vater mit; alle drei wechseln sich in den übrigen Rollen ab. Zum Beispiel in der eines italienischen Impresarios, der dem Vater Leopold, der noch begeistert ist über den Erfolg seiner beiden Kinder, nahelegt, auf den Jungen alleine zu setzen. Er schildert ihm, wie die Männer ein junges Mädchen mit Geige auf der Bühne betrachten und welche Gedanken ihnen dabei kommen. Als unschicklich gilt deshalb ihr Auftritt, nicht die Betrachtungsweise der Männer.

Das Bühnenbild ist einfach, ein paar Möbel, die Noten zitieren, dienen als Tisch, Piano, Kutsche. Die Klavierstücke, die beide Kinder am Piano spielen und dabei einen Gesandten beobachten, der gleich in die Hose kackt, kommen aus dem Off. Doch wie sie dazu pantomimisch ihre Finger durch die Luft gleiten lassen, animiert nicht wenige der Kinder in der Premiere dazu, es ihnen nachzutun.

Bei der Lektüre fand ich van Klaverens Stück sehr anrührend. Wie in die symbiotische Geschwisterbeziehung ein Keil getrieben wird, wie Nannerl sich verraten fühlt, wie sie ihren Bruder hasst und doch zugleich liebt. Allein, ich konnte mir nicht so recht vorstellen, wie dieser viele Text und die klassische Musik bei Kindern ankommen. In der Potsdamer Inszenierung, die sehr geradlinig und schlicht erzählt, funktioniert das gut. Zwei, drei Schulklassen von Zehn- bis Vierzehnjährigen sind hier morgens um zehn zur Premiere gekommen, sobald es losgeht, folgen sie siebzig Minuten lang der Sache ziemlich konzentriert.

Am Ende fragt das Stück danach, ob ein anderer Ausgang der Geschichte möglich gewesen wäre. Wolfgang, er lebt inzwischen berühmt als Opernkomponist in Wien, und Nannerl, die in Salzburg einem Leben als Klavierlehrerin entgegenblickt, begegnen sich in einem imaginären Raum. Will er sie wirklich an seine Seite holen oder sagt er das nur aus schlechtem Gewissen? Sie jedenfalls hat sich abgefunden damit, selbst vergessen zu werden. Selten stimmt ein versöhnliches Ende so traurig.

Wieder am 23./24. Januar im Hans Otto Theater Potsdam

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