Kito Nedoschaut sich in Berlins Galerien um
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Das Bauhausjahr geht zu Ende. Die Bilanz ist durchwachsen. In Dessau und Weimar gibt es jetzt neue Museen. In Berlin dauert es mit dem Neubau am Bauhaus-Archiv naturgemäß noch ein bisschen länger. Viel Aufregung gab es um die „Scheune“ von Herzog & de Meuron am Berliner Kulturforum: „Zu hässlich! Zu teuer!“ schallt es aus jeder Ecke. Wo waren eigentlich all die Kritiker*innen, als es darum ging, das Humboldtforum zu verhindern? Bitte den reaktionären Schlosskasten einfach an die Hohenzollern-Nachfolger zurückgeben.

Der bevorstehende Abriss der Rieckhallen am Hamburger Bahnhof wurde nicht zum Aufreger. Warum eigentlich nicht? Seltsam. Nationalgaleriedirektor Udo Kittelmann sagt unterdessen leise „Servus!“ und nimmt im kommenden Herbst seinen Hut. Aber die Hoffnung wächst auch in Mitte: Das Haus der Statistik könnte zum Modellprojekt für einen fortschrittlichen Kulturort werden. Eine andere gute Nachricht: Die ursprünglich im Rahmen der Interbau 1957 errichtete Hansabibliothek von Werner Düttmann in Tiergarten wurde komplett renoviert und erstrahlt wieder in modernistisch-schlichter Eleganz.

Der Kampf gegen Sexismus, Rassismus, Gewalt und Diskriminierung in der Kunstwelt hat ab diesem Jahr einen Namen. Soup du Jour nennen sich die anonymen und Hashtag-affinen Kritiker*innen aus dem Internet. Ungeschickt: Christoph Tannert kuratierte eine Ausstellung zu Afrofuturismus ohne Afrofuturisten. Unklug: Die Protestkunst vom Zentrum für politische Schönheit mit der angeblichen Asche von Holocaust-Opfern im Regierungsviertel. Peinlich: Neo Rauch malte ein Fäkalien-Bild für den Kunstkritiker Wolfgang Ullrich, weil ihm dessen Texte nicht passen. Der Top-Galerist Johann König veröffentlichte mithilfe des Autors Daniel Schreiber seine Autobiografie und die Berliner Szene rätselt: Hat er wirklich alles erzählt?

Für die Venedig-Biennale verpasste sich die Berliner Künstlerin Natascha Sadr Haghighian den Behörden-Deutsch-Namen Natascha Süder Happelmann, baute eine große graue Staumauer aus Spritzbeton in den Deutschen Pavillon und sorgte für Verwirrung. Die Mieten klettern weiter. Die Spekulanten spekulieren weiter. Die Atelierkrise spitzt sich zu. Die Mittel für die Atelier-Anmietung wurden vom Abgeordnetenhaus in letzter Minute aufgestockt. Hat die Berlin-Politik auch eine langfristige Strategie gegen die Krise? Die Koeln­messe zog bei der art berlin im Dezember den Stecker. So viel ist sicher: Die nächste Berlin Art Week ist schon jetzt im ­Eimer.