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wortwechselJüdischer Wein, palästinensischer Boden

Israelischer Wein aus den besetzten Siedlungsgebieten muss nun gekennzeichnet werden. Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs sorgt für Diskussion. Auch unter taz LeserInnen

Psagot Weingut der Jüdischen Siedlung Ofra im Westjordanland; Die Trauben werden nahe der palästinensischen Stadt Ramallah zu Merlot-Wein verarbeitet Foto: UPI Photo/imago

„Geht’s noch? Europäischer Gerichtshof (EuGH) zur Kennzeichnungspflicht für Produkte aus den jüdischen Siedlungen im Westjordanland“, taz vom 16./ 17. 11. 19

Ungleichbehandlung?

Alexander Nabert beklagt, dass die Kennzeichnungspflicht für israelische Waren aus den besetzten Gebieten „mal wieder“ für andere Territorialkonflikte nicht gilt, und behauptet eine Sonderbehandlung Israels durch den EuGH.

Das ist entweder böswillig, oder er hat keine Ahnung von demokratischen Rechtssystemen. Der EuGH hat über die Rechtsfrage entschieden, die ihm vorgelegt worden ist: die Kennzeichnung von israelischen Waren aus den besetzten Gebieten. Kläger des Verfahrens ist übrigens ein Weingut israelischer Siedler.

Über anderes durfte der EuGH gar nicht entscheiden, mithin auch nicht über die Rechtslage bei anderen aktuellen Territorialkonflikten. Wenn Nabert trotzdem so tut, als liege eine bewusste und gewollte Ungleichbehandlung vor, stellt das eine Verleumdung der demokratischen Rechtsinstitutionen der EU dar.

Wohltuend sachlich und informativ ­dagegen der Beitrag von Christian Rath in der taz vom 13. November: „Israelische Siedlerprodukte brauchen Etikett“.

Herr Nabert sollte öfter die taz lesen.

Adolf Claussen, Bremen

Lieber Herr Claussen, Herr Nabert liest die taz sehr gründlich. Deshalb kann er zu Recht davon ausgehen, dass in dieser Zeitung Platz ist für sehr viel mehr als eine Meinung. Die Leserbriefredaktion

Standards? Schwierig

Standards einführen kann man nicht so einfach, schon gar nicht in dieser Situation, es gibt keine vergleichbare für ein Sonderschicksal wie dieses, weil es offenbar kein politisches Mittel gibt, illegales israelisches Siedeln in den besetzten palästinensischen Gebieten zu verhindern. Das scheinen Sie als Autor zu akzeptieren. Kennen Sie die Folgen? Ausbeutung des Jordanwassers und des Grundwassers durch diese illegalen, völkerrechtswidrig handelnden israelischen Siedler und die anhaltende Vertreibung der Palästinenser und deren Drangsalierung? Es geht nicht um die Stigmatisierung Israels, sondern um die Politik Netanjahus, der in Israel selbst heftig widersprochen wird. Es geht nicht um die Betrachtung von anderen Staaten, wenn man genau dieses Handeln brandmarkt und europäischen Kunden die Informationen gibt, die sie brauchen, um sich durch ihr Handeln in dieser Sache für die eine Seite oder die andere solidarisch zeigen zu können.

Ernst-Friedrich Harmsen, Berlin

Seriöse Garanten?

Ein Gerichtsurteil folgt stets einer Klage. Wo kein Kläger, da kein Richter. Hat jemand aus der Krim oder China oder der Westsahara geklagt? „Der einzige jüdische Staat“? Den Begriff „Apartheidsstaat“ benutzen Kritiker nicht nur wegen der Besatzungspolitik und seiner immer krasser werdenden Unterdrückung der entrechteten Palästinenser, sondern eben auch wegen der minderen Rechte der arabischen Israelis. Von daher ist die Entfernung zu Südafrika nicht so groß, wie Sie behaupten. Die Boykottbewegung ist nicht generell antisemitisch – auch wenn es sich einige damit einfach machen, das zu behaupten. Dafür gibt es etliche seriöse Garanten. Hannah Erben, Hamburg

Keinerlei Sanktionen

Der Autor kritisiert eine „antiisraelische Politik der EU“ und spricht von „doppelten Standards“, da Israel „nach anderen Maßstäben behandelt wird als andere“, und nennt als Beispiel die Krim. Das Westjordanland ist aber definitiv (noch) kein Teil Israels, also wäre eine Kennzeichnung von Waren aus jüdischen Siedlungen als „Made in Israel“ eine Täuschung der Kunden. Sofort nach dem Anschluss der Krim an die Russische Föderation wurden Wirtschaftssanktionen verhängt, zunächst von der damaligen Regierung Obama, dann von der EU. Dergleichen bliebt Israel erspart, obgleich es die Golanhöhen und Ostjerusalem annektiert hat und seit 1967 das Westjordanland besetzt hält. In diesen Fällen verhängte die „westliche Wertegemeinschaft“ keinerlei Sanktionen. Im Gegenteil. Kann man sich vorstellen, dass Bundeskanzlerin Merkel dem russischen Präsidenten Putin kostenlos Militärtechnik überlässt? Wenn man also von doppelten Standards spricht, dann doch eher zugunsten von Israel (auch wenn die Israel-Lobby gern das Gegenteil behauptet). Walter Ruffler, Bremen

Völkerrechtsfragen

Wichtiger ist die Frage, ob Europa die einzige Demokratie im Nahen Osten wirklich so wie jede beliebige Diktatur betrachten soll, für die der Bruch des Völkerrechts moralisch eingepreist ist? Ist das der richtige und faire Maßstab für Israel?

Stefan Hirschauer, Mainz

„Etikettenpflicht für Siedlungsprodukte: Die konsumkritische ‚Israelkritik‘“, taz vom 15. 11. 19

Darauf ’ne China-Stulle?

Ich würde israelischen Exporteuren empfehlen, zuerst nach Saudi-Arabien zu liefern, die Exporte dort in die Panzer zu packen, welche nach den Kämpfen im Jemen zurück in die EU zur Reparatur müssen. Darauf ’ne Stulle mit handgeimkertem Honig aus dem chinesisch-uigurischen Gulag. Stefan auf taz.de

Immer die Gleichen?

@Stefan Dass der Artikel so weit oben im Ranking steht, ist auch dein Verdienst: 52 Beiträge und ungefähr 23 Kommentatoren, dabei 11 Beiträge von dir und 7 von Sammystein. 18 von 52 Beiträgen stammen also von 2 Kommentatoren. Dein Anteil am Ranking beträgt 20 Prozent. Der Artikel wäre ohne deinen „Whataboutism“ schon längst in der Versenkung verschwunden. Hampelstiez auf taz.de

Poleposition: Israel?

Ungeachtet dessen schafft es jeder Artikel, der irgendwas mit Israel zu tun hat, praktisch automatisch an die Poleposition.

Jim Hawkins auf taz.de

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