piwik no script img

Sprüth MagersDas Wissen der Welt fassen

Als im Jahr 2014 der Brockhaus das Aus seiner gedruckten Ausgabe verkündete, ging eine Ära zu Ende. Die einstige Instanz des Wissens konnte sich gegen die kostenfrei digital zugängliche Wikipedia nicht mehr länger behaupten. Vor allem nicht gegen das Tempo, mit der die anonyme Gemeinschaft der Wikipedia-Autor*innen sich selbst kontrolliert, Einträge korrigiert und aktualisiert .

Was Hanne Darboven (1941–2009) wohl von dieser Art der Wissensaufbereitung gehalten hätte? Ihre enzyklopädische Arbeit „Erdkunde I, II, III“, die derzeit erstmals komplett bei Sprüth Magers ausgestellt wird, stammt aus dem Jahr 1986. Aus mehr als 700 Tafeln besteht sie, jeweils zusammengesetzt aus vier beschrifteten und beklebten DIN-A4-Bögen, auf denen Darboven Begriffe aus Lexikoneintragungen zu „Erde“ oder „Erdkunde“ mit schwarz-weißen Abbildungen assoziativ verbindet. Sie entwirft eigene Ordnungssysteme, befüllt mit Zeilen über Zeilen der von ihr entwickelten zu gleichförmigen Schwüngen abstrahierten Schrift.

Bis 21. 12., Di.–Sa. 11–18 Uhr, Oranienburger Str. 18

Darboven ging es stets darum, sich mit der Welt, mit Geschichte und Gegenwart in Beziehung zu setzen, auf subjektive Art und Weise, zeitaufwendig, mit selbst auferlegten Regeln. „Erdkunde“ scheint den Fokus auf die physische Präsenz von Weltwissen zu setzen, was sich in einer Zeit, in der dieses nicht mehr in laufenden Regalmetern messbar ist, sondern zumindest theoretisch jederzeit überschreibbar wäre, als einen Appell zu Aufklärung, zur steten Auseinandersetzung mit dem, was wir Kultur nennen, lesen. (bsh)

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen