Digitalpakt-Millionen für Berliner Schulen: Warten auf den Anschluss
Bei einem Ortstermin an einem Zehlendorfer Gymnasium wird klar: Geld fürs Digitale gibt es nun reichlich, aber wo genau investiert werden soll, ist ziemlich unklar.
Der Digitalpakt zwischen Bund und Ländern war eine schwere Geburt – und, so viel wurde am Montag beim Pressetermin mit Schulsenatorin Sandra Scheeres (SPD) im Zehlendorfer Droste-Hülshoff-Gymnasium klar: Die Nachwehen, die das 5 Milliarden Euro schwere Geldgeschenk den Ländern bereitet, dürften erheblich sein.
Denn nun gibt es zwar Geld für Digitalisierung an Schulen – Berlin bekommt in den kommenden fünf Jahren insgesamt 257 Millionen Euro. Und die Senatorin schien am Montag auch fest entschlossen, in WLAN, einheitliche Schulserver und schnelles Internet zu investieren, und ratterte fix ein paar Zahlen herunter: 8,3 Millionen Euro Landesmittel zusätzlich zu den Millionen aus dem Bund allein in 2019. Knapp 1.000 Stunden für pädagogische IT-BetreuerInnen werden damit unter anderem finanziert, und 150 externe TechnikerInnen, die in den Schulen schon jetzt unterwegs sind. „Damit sind wir bundesweit Vorbild“, so Scheeres.
Doch ein Manko, auch das wurde am Montag klar, bleibt: eine vernünftige Internetverbindung in den Schulen. Die ist aber wiederum Voraussetzung, um die Digitalpaktgelder für Smartboards und Tablets sinnvoll nutzen zu können. Und da erweisen sich die Bezirke als das Nadelöhr des Digitalpakts: Viele haben das Thema sträflich vernachlässigt und müssen sich jetzt erst mühsam einen Überblick verschaffen, wofür sie überhaupt Gelder beantragen wollen.
Elke Wittkowski, Schulleiterin am Droste-Hülshoff-Gymnasium, eine der digitalen Vorzeigeschulen Berlins, sagte am Montag: Nein, ein entsprechender Ansprechpartner im Bezirk sei ihr nicht bekannt. Das Zehlendorfer Gymnasium ist seit 2017 Modellschule des Landes, die Komplettausstattung mit Smartboards und superstabilem WLAN, das stolz präsentiert wurde, dürften also nicht repräsentativ sein für den Bezirk.
Tatsächlich sagt Schulstadtrat Frank Mückisch (CDU) auf Anfrage, dass man die Stelle eines regionalen IT-Beauftragten erst kürzlich ausgeschrieben habe. Man sei aber zuversichtlich, „im Laufe der nächsten Monate jemanden zu finden“. Auf die Frage, warum man sich erst ums Digitale kümmert, wenn man muss, verteidigt sich Mückisch: Bisher habe vor allem die Schulsanierung – Steglitz-Zehlendorf hat viele Schulen mit extrem hohem Reparaturbedarf – alle Ressourcen im Bezirksamt gebündelt.
Neukölln first ans Glasfasernetz
Auch aus Neukölln heißt es: Die Stelle eines IT-Beauftragten ist vakant, wir suchen. Neukölln ist der Bezirk, der die meisten „kreidefreien“ (sprich: mit Smartboards ausgestatteten) Schulen hat und würde deshalb besonders von den Digitalpaktgeldern für besseres Internet profitieren. Neukölln ist Pilotbezirk für den Anschluss der Schulen an schnelles Glasfasernetz – bisher hat noch keine einzige der allgemein bildenden Schulen in Berlin einen Glasfaseranschluss.
Der Digitalpakt Jahrelang hatten Bund und Länder gerungen, bis sie sich auf eine Formel verständigen konnten, wie der Bund künftig die digitale Infrastruktur der Schulen mitfinanzieren darf. Am 15. März stimmte der Bundesrat schließlich für die nötige Grundgesetzänderung.
Das Geld Auf Berlin entfallen damit in den kommenden fünf Jahren 257 Millionen Euro. Der Deal beim Digitalpakt ist, dass die Länder 10 Prozent der Fördersumme zuschießen müssen – in Berlin also 26 Millionen Euro. Investiert werden darf in WLAN, Server, Smartboards oder Tablets. Um die Unterhaltung der Infrastruktur und die Fortbildung der LehrerInnen müssen sich die Länder selbst kümmern. (akl)
„Wir machen regelmäßige Abfragen in den Bezirken hinsichtlich der Bedarfe in den Schulen und starten jetzt auch bald wieder die nächste“, betonte indes Anja Tempelhoff, in der Schulverwaltung für Digitales zuständig. Erst im Januar hatte allerdings die Antwort der Bezirke auf eine Anfrage des FDP-Abgeordneten Paul Fresdorf ergeben, dass diese größtenteils überhaupt nicht wissen, wie die Qualität der Internetverbindung an den Schulen ist und das auch nicht systematisch erfassen.
Schulleiterin Wittkowski hatte noch eine andere Sorge: „Wir hoffen sehr, dass wir jetzt bei der Zuteilung der Mittel nicht hintenan stehen, nur weil wir uns schon abgestrampelt haben.“ Scheeres versprach, man werde „ein Rechenmodell“ entwickeln, das sich etwa an der Zahl der SchülerInnen und der Räume orientiere, sodass jede Schule eine feste Summe erhalte.
An die Bezirke gewandt hieß es, sie müssten ihre Stellen „nun auch besetzen“ und „schauen, was da ist“ – sprich, der Senatsverwaltung die geforderten IT-Konzepte liefern, damit die Mittel fließen können. Bisher hat nur Neukölln ein Musterkonzept erstellt. Das Papier, das der taz vorliegt, und den anderen Bezirke als „Blaupause“ dienen soll, formuliert als Notwendigkeit etwa den Austausch alter Hardware, die Anwesenheit eines externen IT-Technikers an mindestens einem Tag in der Woche und „bedarfsgerechte Fortbildungen des Schulpersonals“.
Eine Ahnung davon, wie viel Arbeit da in den nächsten Jahren auf Berlin zukommt, bekommt man am Montag: Dieter Maser, als IT-Techniker für das Droste-Hülshoff-Gymnasium und andere Schulen zuständig, erzählt von wenig leistungsfähigen Kabeln, die „Nadelöhr“ für jeden noch so leistungsfähigen Breitbandanschluss seien.
Immerhin: An der Zehlendorfer Vorzeigeschule bringt man es inzwischen auf 200 MBit pro Sekunde (Ziel des Digitalpakts: 1 Gigabit). Schüler aus einem IT-Kurs präsentieren am Montag, was man damit machen kann: gleichzeitiges Bearbeiten eines Projekts, sogenanntes kollaboratives Lernen. Das beschreibt den Zustand des Digitalpakts eigentlich ganz gut.
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