Polizei: Verein soll kooperieren

Nach der Razzia gegen Hooligans des BFC Dynamo hagelt es Schuldzuweisungen. Der Verein fühlt sich als Versuchsobjekt, die Polizei kritisiert mangelnde Kooperation. Zur WM soll alles besser werden

VON FELIX LEE

180 Festnahmen, 1.100 PolizistInnen und insgesamt 9.327 Einsatzstunden – nicht nur für den BFC Dynamo, der mit einer 0:8-Niederlage gegen den Erzrivalen 1. FC Union Berlin die schwerste Demütigung seit dem Mauerfall erleiden musste, war das Wochenende eine miese Bilanz. Insgesamt 140.000 Euro habe dieser Einsatz gekostet, empörte sich gestern der Landesbezirksvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Eberhard Schönberg. „Dieser Aufwand war für ein Spiel der 4. Liga erforderlich.“ Wie sollen die Einsätze bloß in einem Jahr zur Fußball-WM aussehen?

Es sei ernsthaft zu klären, ob die Polizei in der Hauptstadt zur Sicherung der Fußball-Weltmeisterschaft ausreichend ausgestattet sei, gab Schönberg zu bedenken. Dies gelte sowohl für die Zahl der Beamten und Fahrzeuge, aber auch Räume zur Unterbringung Festgenommener.

Bei dem Fußballspiel der beiden Ostberliner Vereine war es am Wochenende zu einem Großeinsatz mit vielen Festnahmen und einigen Verletzten gekommen. Die Einsatzkräfte hatten in der Nacht zum Sonntag gegen 1.30 Uhr die Friedrichshainer Diskothek „Jeton“ in der Frankfurter Allee gestürmt und mindestens 180 Fußballanhänger festgenommen.

Ziel sei es gewesen, so ein Polizeisprecher, vor dem Spiel Rädelsführer der gewaltbereiten Fußballfanszene namhaft zu machen und Ausschreitungen bei dem Derby zu verhindern. Alle hätten den Polizeierkenntnissen zufolge dem engen Kreis der als gewaltbereit bekannten Hooligan-Szene angehört. Ein Durchsuchungsbefehl des Amtsgerichts lag vor.

Das Spiel am Sonntag verlief dann tatsächlich ohne Zwischenfälle. Aber die Einsatzleitung muss sich nicht nur gegen Kritik von Gewerkschaftsseite verteidigen. Der BFC warf der Polizei vor, eine „Übung“ veranstaltet zu haben. Der Verein war am Sonntag nahe daran, das Spiel wegen der nächtlichen Razzia abzusagen. Die Polizei konterte. „Es ist auf keinen Fall so, dass wir im Vorfeld der WM am lebenden Objekt üben“, sagte ein Polizeisprecher. Vielmehr handelte es sich bei der Razzia um einen Einsatz aufgrund eines Durchsuchungsbefehls. Mit dem Fußballspiel hatte dieser Einsatz „überhaupt nichts zu tun“. Polizeipräsident Dieter Glietsch hingegen stellte wenig später den Zusammenhang doch wieder her, als er sagte: Er erwarte von jeder Vereinsführung, dass sie sich nicht mit Gewalttätern solidarisiere, sondern mit der Polizei kooperiere.

Seit Wochen klopfen sich Bundesinnenministerium, Innenverwaltung und Polizei gegenseitig auf die Schultern und loben sich, wie hervorragend die Vorbereitungen für die Fußball-WM in zehn Monaten laufen. Ein WM-Sicherheitskonzept wurde bereits im Mai großspurig der Öffentlichkeit vorgestellt. Davon will die Berliner Polizei anscheinend nichts mehr wissen. Bis zur Weltmeisterschaft würde ja noch ein wenig Zeit vergehen, es sei noch viel zu früh, um konkret zur Ausstattung Stellung zu beziehen, heißt es.

Gewerkschaftschef Schönberg zumindest gab sich mit dieser Antwort nicht zufrieden. Er forderte nun zu diesem Thema eine Sondersitzung des Innenausschusses im Abgeordnetenhaus.

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