berliner szenen: Das Ende der Grillsaison
Die Propangasflasche ist neu. Die Propangasflasche ist alt, aber an diesem Standort ist sie neu.
Ein Balkon, Altbau, vierter Stock. In unmittelbarer Nachbarschaft: ein Kugelgrill. Schwarz. Metallen. Glänzend. Nicht wirklich kugelig, eher ufoförmig, mit kleinen Tragflächen an der Seite. Das Gestell so hoch, dass das Ufo genau über die Brüstung ragt.
Der Besitzer des Kugelgrills kommt mit einem Besen auf den Balkon und setzt an zu einer Art Grundreinigung. Er hält den Besen vor sich und fegt den Grill von außen ab. Oben, die Seiten, die Tragflächen, die Brüstung daneben. Abgang Besen, Auftritt überdimensionierter Pinsel. Schwarze Borsten, kurzer Griff, insgesamt etwas größer als eine Kehrschaufel. Noch ein Abbürsten von außen, dann wird der Deckel des Grills abgenommen, umgedreht und von innen ausgefegt. Aus der unteren Kugelhälfte das Gitter heraus, einmal gründlich abbürsten, von oben, von unten. Kleine Bröckchen fallen auf die Straße hinunter.
Besen und Pinsel bringt der Besitzer wieder zurück in die Wohnung und erscheint erneut, in der Hand ein Stofftuch. Er nimmt das Gitter in die Hand und wischt einzeln jeden Stab entlang, einmal, zweimal, legt das Gitter beiseite, holt noch ein weiteres Tuch aus der Wohnung und wischt damit die obere und die untere Kugelhälfte innen aus. Legt die Tücher beiseite und setzt alles wieder zusammen, untere Hälfte, Gitter, Deckel. Einen schwarzen Überzug darüber. Fertig. Mit der Hand fegt er letzte Reste von der Brüstung und geht wieder in die Wohnung.
Erscheint kurz darauf noch einmal, mit einer Wasserflasche. Geht ans andere Ende des Balkons und gießt Wasser in den Topf der einzigen dort stehenden Pflanze. Sieht sich einmal um, verschwindet wieder in der Wohnung und schließt die Tür.
Svenja Bergt
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