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Archiv-Artikel

Zurück in die Zukunft

SCIENCE-FICTION Geschichten über die Zukunft sollen Innovationen anstacheln. Findet der US-Science-Fiction-Autor Neal Stephenson. Deshalb hat die Universität Arizona ein Institut gegründet, in dem Forscher und Schriftsteller rumspinnen sollen. Früher hat der Sprung von der Fiktion ins Reale ja auch geklappt

Fakt

■ Das ist es: Über 100 Jahre später, 1969, landen Neil Armstrong und Buzz Aldrin die US-Raumfähre APOLLO 11 auf dem Mond.

■ Das kann es: Ohne Hilfe einer Kanone in den Orbit fliegen, die Russen als Loser im Space-Race dastehen lassen. Und die Illusion zerstören, dass auf der dunklen Seite des Mondes Nazis oder grüne Männchen leben.

■ Das ist es: Heute können ROBOTER von Fußballspielen bis Altenpflege fast alles – einfache programmierbare Automaten gab es aber in der Antike. Als erster Industrieroboter gilt der Unimate, der ab 1961 bei General Motors Autoteile zusammenschweißte.

■ Das kann es: Arbeiten. Zerstören. Lieben? Heute existieren vom Arbeitsroboter bis hin zur militärischen Kampfmaschine metallene Konstrukte für jede Gelegenheit. Ob Roboterhunde wie Aibo ihre Frauchen tatsächlich mögen? Viele glauben das jedenfalls.

■ Das ist es: Das iPAD – 2010 in seiner ersten Version noch von Apple-Guru Steve Jobs vorgestellt.

■ Das kann es: Maus durch Zeigefinger ersetzen. Digitalen Sofa-Medienkonsum bequemer machen. Und natürlich: als Idee ganz allein Apple gehören – und weder Kubrick noch Samsung noch den Star-Trek-Fuzzis, die auch Flach-Rechner in ihrer Serie zeigten.

■ Das ist es: Ein KÖRPERSCANNER, gerne auch Nacktscanner genannt, wie er seit 2010 auf Flughäfen in den USA und UK eingesetzt wird. Arbeitet mit Terrahertzstrahlen im Grenzbereich zwischen Infrarotlicht und Mikrowellenstrahlung.

■ Das kann es: Aktive Scanner bestrahlen einen Körper und bilden ihn nackt und detailgetreu ab. Passive Scanner registrieren abgestrahlte Körperwärme und erzeugen weniger scharfe Bilder.

Ein wenig enttäuschend ist es ja schon: Es ist 2012, die Mayas sagen, unsere Welt geht gleich unter – und noch immer warten wir auf die Erfindung von fliegenden Autos und auf bemannte Mars-Missionen. Das mit dem Beamen klappt bis heute nicht – und von der Unabhängigkeit vom Öl ist die Welt auch noch meilenweit entfernt. Warum das so ist? Neal Stephenson, erfolgreicher US-Science-Fiction-Autor, meint den Grund dafür ausgemacht zu haben: Sein Genre sei derzeit zu sehr fixiert auf apokalyptische Beschreibungen und Nihilismus – anders als in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, dem Goldenen Zeitalter der Science-Fiction, als der Glaube an eine grandiose Zukunft dank Wissenschaft und Technik groß war, optimistische Technikvisionen das Genre beherrschten – und mit ihren Erzählungen zahllose Innovationen von der Atomforschung bis hin zu Wasserbetten stimuliert haben.

Dem Internet, 3-D-Druckern und Fortschritten in der Biotechnologie zum Trotz meint Stephenson, dass heutige Science-Fiction aufgehört hat, Welten zu entwerfen, in denen ihre Technologien funktionieren – vom gesellschaftlichen bis zum ökonomischen System. Um das zu ändern, hob er im vergangenen Jahr an der Arizona State University das „Project Hieroglyph“ aus der Taufe, das Ende September ganz offiziell zum „Center for Science and Imagination“ aufgewertet wurde. Dessen Idee: Science-Fiction-Autoren, Wissenschaftler und Ingenieure zusammenzubringen und sie zu ermutigen, gemeinsam an positiven Technik-Zukunftsvisionen, an mutigen Großprojekten zu arbeiten. Um wieder an das Goldene Zeitalter der Science-Fiction-Literatur anzuknüpfen. Und nicht mehr, getrieben von versagensängstlichen Unternehmen, im Kleinklein-Modus auf bestehende Technologien aufzusatteln. MLA, DAS

Fiktion

■ Das ist es: Eine MONDRAKETE, ins All geschossen von einer Kanone. Erfunden von Jules Verne im Roman „Von der Erde zum Mond“ von 1865.

■ Das kann es: Um den Mond fliegen – allerdings ohne wie geplant zu landen. Und alle Mitflieger in der Kapsel high machen – per Sauerstoff-Übersättigung.

■ Das ist es: Ein ROBOTER. Erster Auftritt im Theaterstück „R.U.R. – Rossum’s Universal Robots“ des tschechichen Autors Karel Čapek. Uraufführung: 1922. Čapeks Bruder Joseph gilt als Erfinder des Worts – Robota heißt auf Tschechisch Frondienst.

■ Das kann es: Arbeiten. Zerstören. Lieben. Die Firma R.U.R liefert chemisch erzeugte Kunstmenschen an die Industrie. Die Automaten vernichten die Menschheit, dann entwickeln zwei von ihnen Gefühle füreinander und ziehen als neue Adam und Eva in die Welt.

■ Das ist es: Ein flaches, iPad-großes, tastenfreies und BILDSCHIRMDOMINIERTES DING, das 1968 in Stanley Kubricks Film „2001 – Odyssee im Weltraum“ auftaucht.

■ Das kann es: Videostreams abspielen und als Unterhaltungsmedium vom Essen ablenken. Weitere Funktionen sind aus den paar Sekunden Film, den die koreanische Firma Samsung als Beweis in einem Patentprozess um Tablet-PCs heranzog, nicht abzuleiten. Nicht die kleinste Wischbewegung.

■ Das ist es: Ein tunnelartiger GANZKÖRPERSCANNER. Gebaut für die böse Marsdiktatur im Paul Verhoevens Film „Total Recall“ von 1990.

■ Das kann es: Ausziehen. Zeigt Menschen als grüne Skelette. Pistolen und anderes Gefahrengut leuchten rot. Vorsicht, zerbrechlich – geht kaputt, wenn jemand dagegenspringt.