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Pulitzer gegen Trump

In New York sind die TrägerInnen der Pulitzerpreise bekannt gegeben worden. Ausgezeichnet werden unter anderem die #MeToo-Recherchen und erstmalig ein Rapper. Selten war der Preis so politisch

Jodi Kantor und Megan Twohey (links) im Newsroom der „New York Times“ nach der Bekannt­gabe der Juryentscheidung Foto: Hiroko Masuike/NYT/ap

Von Hanna Voß

Als in der Nacht zu Dienstag alle Pulitzerpreise bekannt gegeben waren, hieß es in vielen Kommentaren, dies sei der politische Preis seit Langem. In der Königskategorie „Dienst an der Öffentlichkeit“ gewannen Jodi Kantor, Megan Twohey und Ronan Farrow, die drei Journalisten von New York Times und New Yorker, die die sexuellen Übergriffe des Filmproduzenten Harvey Weinstein aufgedeckt hatten. Den Preis für das beste Nachrichtenfoto gewann der Mann, der während des Aufmarschs von Rechtsextremen im vergangenen August in Charlottesville fotografierte. Er hielt den Moment fest, in dem ein Mann sein Auto in eine Menge steuerte, die friedlich gegen die Rechtsextremen demonstriert hatte. Eine Frau starb bei diesem Attentat, Trump sagte anschließend, es habe auf beiden Seiten „gute Menschen“ gegeben. Die Überraschung des Abends aber war der afroamerikanische Rapper Kendrick Lamar, der in der Kategorie Musik als erster Rapper überhaupt ausgezeichnet wurde.

Es ist in der Tat eine sehr politische Auswahl der Preisträger. Das allein ist aber nicht neu. Der Pulitzerpreis als einer der wichtigste Journalistenpreise der Welt war schon immer politisch: Die erste prämierte Reportage im Jahr 1917 war „Inside the German Empire“ (Im deutschen Reich), in der der Reporter Herbert Bayard Swope aus dem Ersten Weltkrieg in Deutschland berichtetet. Seitdem werden mit dem Preis Publikationen ausgezeichnet, die der Öffentlichkeit einen monumentalen Dienst erwiesen haben.

Das Besondere an der diesjährigen Verleihung ist jedoch, dass sie als direkte Antwort auf Donald Trump gelesen werden kann. In einer Zeit, in der der Präsident der Vereinigten Staaten ein Amerika des rückwärtsgewandten Protektionismus, des Sexismus, Rassismus und der Waffengewalt protegiert, sollte die Antwort der Pulitzerpreis-Jury offenbar ein dezidiert buntes Mosaik des „anderen“ Amerika sein. Zum ersten Mal erhielt mit Kendrick Lamar ein Rapper den Pulitzerpreis, mit dem bislang nur Klassik- oder Jazz-Musiker*innen ausgezeichnet wurden. Lamar gilt als bedeutende Stimme der afroamerikanischen Community. Geehrt wurde er für seine sozialkritischen Texte, in denen er sich unter anderem gegen Trumps Lieblingssender Fox News positioniert.

Dabei liegen die Wurzeln des Pulitzerpreises bemerkenswerterweise selbst in genau jenem Metier, das Trump einwandfrei beherrscht: Fake News. Der Zeitungsverleger Joseph Pulitzer griff im 19. Jahrhundert auf sensationelle, teils erfundene Meldungen zurück, um seine Auflage zu steigern. Heute gilt er damit als Begründer der „Yellow Press“ – der Klatsch- und Sensationspresse. Als Pulitzer mit 47 Jahren starb, ließ er aus seinem Nachlass eine journalistische Fakultät und den berühmten Pulitzerpreis ins Leben rufen – „vielleicht auch, um seinen Ruf zu retten“, wie die Deutsche Welle in einem Bericht mutmaßt.

Und so rettet der Pulitzerpreis, der in diesem Jahr zum 102. Mal vergeben wurde, diesmal nicht nur den Ruf von Joseph Pulitzer, sondern auch ein bisschen den der USA. Mit ihren Enthüllungen um Harvey Weinstein, so die Begründung der Jury, hätten die drei ReporterInnen auf der ganzen Welt eine Debatte über den sexuellen Missbrauch von Frauen angestoßen.

Auch in anderen Fällen braucht es keine besonders fantasievolle Interpretation, um die Preise als direkte Antwort auf Trump zu verstehen. Die New York Times und die Washington Post erhielten einen gemeinsamen Preis für ihre Berichte über die Versuche Russlands, Einfluss auf die US-Präsidentschaftswahlen 2016 zu nehmen. Beiden Zeitungen wirft Donald Trump immer wieder vor, sie verbreiteten Lügen und Fake News.

Für ihre Enthüllungen der Verfehlungen Roy Moores, dem von Trump unterstützten republikanischen Kandidaten bei den Senatswahlen in Alabama, gewann die Washington Post einen weiteren Pulitzer. Zu Trumps Lieblingsprojekt, dem Bau einer Grenzmauer zwischen Mexiko und den USA, recherchierten The Arizona Republic und die USA Today und erhielten dafür ebenfalls einen Preis.

Donald Trump, der Debatten über seine Person sonst gern bei Twitter kommentiert, äußerte sich nicht öffentlich zu den PreisträgerInnen. Dafür re­tweetet er kurz nach der Verleihung einen Tweet, den er bereits am Sonntag abgesetzt hatte: „Ich habe gerade die 50-Prozent-Marke im Rasmussen Poll (Meinungsumfrage zur Beliebtheit des Präsidenten, Anm. d. Red.) geknackt, viel mehr als Präsident Obama zur gleichen Zeit hatte. Nach all den erfundenen Geschichten und Fake News ist das kaum zu glauben! Danke, Amerika, wir erreichen Großes!“

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