berliner szenen: Die Polizei wird unruhig
Der Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz wurde von Bild aufgrund vieler Betonpoller und mehrerer Wannen voller Polizisten zum sichersten der Welt gekürt. Über den Dächern der Fressstände erheben sich die erhabenen Gebäude von Sparkasse und Commerzbank. Leuchtend blinken die Logos in die Nacht.
Zwischen den Buden zerren Eltern plärrende Kinder vom Süßigkeitenstand weg. Omas und Opas begutachten allerlei Nippes aus Glas. Zwei Punks kaufen sich an einem Klamottenstand ein Shirt mit dem Aufdruck „Polizei Berlin“. Selbige ist zu Fuß auf dem Markt unterwegs. In voll gepanzerter Montur, grellgelben Warnwesten mit baumelndem Gewehr vor der Brust trotten die Beamten betont langsam herum, um keine Massenpanik auszulösen.
Unbehaglich finde ich das schon, seit das SEK bei G20 die Gewehre nicht auf etwaige Terroristen, sondern auf Demonstrant*innen richtete. Auf den Betonpollern lungern noch mal als zusätzliche Absicherung telefonierende oder rauchend Security-Männer privater Sicherheitsdienste herum. Sie sind jeweils allein und langweilen sich bestimmt zu Tode.
In knappem Abstand folge ich einem Polizeitrio und belausche ihr Gespräch: „Joa, jüngere Frauen haben meist ältere Männer. Umgekehrt ist es selten.“ – „Ja, stimmt schon.“ – „Alles nur wegen der Kohle.“ – „Also mein Freund ist arm“, wirft die einzige Polizistin ein. Polizist*innen sind ja auch ganz normale, widersprüchliche Menschen, überlege ich mir.
Plötzlich wird eine Gruppe von Leuten unruhig und deutet in eine Richtung. Die Polizei wird ebenfalls unruhig. Weil die Polizei unruhig wird, werden weitere Menschengrüppchen nervös. Erleichtertes Aufatmen: Es ist nur Michel Friedman, der ein Fernsehteam von N24 im Schlepptau hat.
Da phne Weber
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