piwik no script img

Jörn Kabisch AngezapftSuperhopfen. Super-süffig. Supertrüb

Geh mir weg mit Craftbeer – das hört man von vielen traditionellen Brauern, vor allem aus kleinen, regionalen Betrieben. Sie mögen es oft nicht, auf den noch immer florierenden Trend angesprochen zu werden. Verständlich: Viele von ihnen brauen seit Jahrzehnten genau auf die Art, von der die neuen Brauer sagen, sie hätten sie überhaupt erst wieder zum Leben erweckt. In kleinen Mengen, unabhängig, handwerklich und dem Geschmack verpflichtet. Und das soll kein Craftbeer sein? Ist es eben doch, meinen die Traditionellen. Nur ohne Hipsterbart, Lederschürze und den massenhaften Einsatz von Hopfen, wie ihn viele Craft-Stile verlangen.

Nun die beleidigte Leberwurst zu spielen wäre aber ein schlechtes Rezept. Besser, man sagt sich: Das ignorieren wir erst gar nicht. Eine Konfliktstrategie, die in Bayern zu Hause ist. Genau wie das Bier, um das es heute geht. Und das ein schönes Beispiel ist, um zu zeigen, was dieses Nicht-mal-Ignorieren (Achtung, doppelte Verneinung) im Kern bedeutet.

Dafür muss man erst einmal aufs Etikett schauen. Ziemlich traditionell ist es gestaltet, doch darauf geschrieben hat Lang Bräu, beheimatet im Fichtelgebirge: „SuperAle“. Ziemlich auffällig für die sonst sehr zurückhaltenden Franken. Auch sonst wird nicht mit Superlativen gegeizt, und dann nennen die Brauer ihr Bier auch noch „naturtrübs“.

Wenn da jemand ganz oben auf der Welle des Zeitgeistes mitschwimmen will, dann ist das sehr gewollt und sehr wenig gekonnt, dachte ich skeptisch, als ich die Flasche öffnete. Ich erwartete ein halbherziges Pale Ale.

Aber, Überraschung: Das SuperAle ist ein Gesamtkunstwerk aus Flasche und Inhalt. Es ist ein ziemlich gutes Kellerbier, also das typische fränkische Bier, nur mit obergäriger Ale-Hefe gebraut und in der Flasche gereift. Ziemlich trüb und ockerfarben sitzt es im Glas, zu riechen gibt es kaum was. Auf der Zunge ist es wunderbar vollmundig, samt-hefig, überaus süffig. Malzige Karamelltöne verbinden sich mit würzig-zitrischer Herbe bei einer jungen und angenehm spritzigen Perlage. All das wird mit heimischen Aromahopfen erreicht: Perle, Mittelfrüh und Tradition heißen die Sorten.

Naturtrübs SuperAle, Lang-Bräu Wunsiedel, 4,9 %-vol.

SuperAle zeigt, was ein deutsches Bier kann. Der Geschmackseindruck liegt mir noch nach Wochen auf der Zunge. Die Flasche habe ich viel zu schnell leer getrunken, das Etikett kam mir danach nicht mehr daneben, sondern ziemlich witzig vor. Ich musste richtig lachen und Friedrich Liechtenstein auflegen: „Supergeil.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen