Berliner Szenen: Zurück vom Ferienlager
Lecker Essen
Das Kind war drei Wochen im Ferienlager, zuerst in Brandenburg, dann an der Ostsee. Als ich ihn von Usedom abhole, verlangt er noch auf dem Weg zum Bahnhof nach einem Backfischbrötchen. Ich hätte gleich stutzig werden sollen, denn Backfisch ist normalerweise nicht so sein Ding. Spät abends sind wir wieder in Berlin, und er stürzt sich auf den Salat und die Gemüsesuppe, die sein Vater zubereitet hat. „War schön, aber das Essen war räudig“, antwortet er auf die Frage, wie es ihm denn im Camp gefallen habe.
Nun ist es so – alle, deren Eltern früher einen Nutzgarten hatten, erinnern sich vielleicht –, dass man als Kind von Gartenbesitzern im Sommer überwiegend das zu essen bekommt, was dort wächst. Also leider weder Pizza noch Würstchen. Sondern Zucchini, Kürbis, Kartoffeln und grüne Bohnen. Hat man nun wie wir ein Kind, das sich überwiegend von Spaghetti mit Ketchup und Salamibrot ernährt, ist der Konflikt programmiert. Zumindest zwischen Juni und Oktober.
Jetzt ist alles anders. „Lecker!“, kommentiert unser Elfjähriger am Tag nach seiner Rückkehr die mit Knoblauch gebratenen Zucchini. Wir sehen uns verwundert an. Solche Äußerungen waren wir bislang nicht gewohnt.
Und es geht so weiter: Egal, was auf den Tisch kommt, es wird anstandslos gegessen. Am Sonntag dann der vorläufige Höhepunkt: Es gibt Mangold mit Tomaten, grüne Bohnen und zweierlei Kartoffelpüree. „Boah, ist da Kürbis im Kartoffelbrei? Total lecker!“, sagt das Kind und greift nach der nächsten Püree-Schüssel.
„Achtung, das ist mit Meerrettich“, warne ich. Doch schon verschwindet auch dieser Kartoffelbrei in atemberaubendem Tempo in seinem Mund. „Ihr könnt echt voll gut kochen“, konstatiert das Kind am Ende der Mahlzeit. Wir sind völlig konsterniert. Das Essen muss wirklich räudig gewesen sein in diesem Ferienlager.
Gaby Coldewey
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