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Die größte aller Serien hat einen Nachfolger: „Veep“Das ist mehr als „House of Cards“ in lustig

Die Couchreporter Heute: René Hamann

Irgendwo hieß es mal: Engländer kompensieren mit Humor, Deutsche mit Krimis. Krimis habe ich schon immer gehasst, wenn ich etwas zur allgemeinen Erbauung, zur persönlichen Belustigung oder einfach zum Trost gucken möchte, dann gucke ich Sitcoms. Die Mutter aller Sitcoms ist dabei natürlich nicht „Cheers“, sondern „Seinfeld“. Die Serie, die das Format noch einmal auf eine andere Ebene hob – „Seinfeld“ war Gott, und wer Gott nicht mochte, konnte nicht mit mir befreundet sein. So einfach war das. Das war wie sonst vielleicht nur bei Harald Schmidt.

Gott hatte 180 Folgen, die zwischen 1989 und 1998 liefen. Ich habe jede einzelne gesehen, und zwar nicht nur einmal. Eine Viererbande (Jerry Seinfeld, Elaine, George und Jerrys Nachbar, der einfach nur mit seinem Nachnamen Kramer herumlief), ein schäbiger Imbiss als Lieblingstreffpunkt. Echte Liebe zum Spinnerten, zur Stadtneurose, zur Oberflächlichkeit. Und mit fieser Neunziger-Bassgitarren-Überbrückungsmusik.

Nach „Seinfeld“ kam lange nichts. Irgendwann tauchte Mastermind Larry David mit eigener Mockumentory-Sitcom auf, in der vorletzten Staffel gab es mit der Originalbesetzung von „Seinfeld“ eine Sitcom-in-der-Sitcom, aber ansonsten lag auf den Protagonisten so etwas wie ein Fluch: So geil wie damals sollte es nie mehr werden.

Doch zum Glück gibt es jetzt „Veep“. Ein Substitut, das mehr ist als „House of Cards“ in lustig, und das die göttliche Julia Louis-Dreyfus aus der Post-„Seinfeld“-Krise holt. „Veep“ (nicht Netflix, sondern HBO; legal zu sehen auf Sky Atlantic) steht für Vice President. Louis-Dreyfus, die Elaine aus „Seinfeld“, spielt die Stellvertreterin eines unsichtbaren Präsidenten, der sie schneidet, es aber selbst nicht so recht drauf hat. Das ganze Washingtoner Establishment, der US-Politbetrieb wird hier auf die Schippe genommen, und das schon vor Trump.

Wobei sich merkwürdige Rückkopplungseffekte ergeben: Schaltet man im konventionellen Fernsehen zufällig mal wieder in eine alte „Seinfeld“-Folge (die laufen immer noch auf Comedy Central), ist aus Elaine plötzlich eine junge Serena geworden (so heißt die Veep).

Zum Ausgleich ertappt man sich, dass man sich in „Veep“ in eine neue Frauenfigur verguckt: in Amy nämlich, die von Anna Chlumsky gespielt wird (die kennt man als Kinderstar aus „My Girl“ und „My Girl 2“). Sie trägt die typische amerikanische Karrieristinnen-Frise und kann unglaubliche Glupsch­augen machen.

Das ist aber noch längst nicht alles: Wollte man wie in „Seinfeld“ auch so einen Freundeskreis haben, funktionieren die Identifikationsmomente bei „Veep“ ganz anders: Ist man auch so ein karrieristischer Freak? Oder doch nur ein Loser wie dieser Jona, der als menschlicher Running Gag durch die inzwischen sechs Staffeln läuft? Und – wäre es nicht schön, wenn der politische Betrieb so funktionieren würde? Wenn das alles doch eher so menschlich, allzu menschlich ist und nur manchmal kalt und hart?

Die Veep selbst ist eine ehrgeizige Frau, die in einem Strudel aus Fehlerverarbeitung und Fettnäpfchen steckt. Da hilft nur Sarkasmus: „Der Senator möchte jetzt noch ein dringendes Statement abgeben? Um ein Uhr morgens? Was soll denn das für ein Statement sein? Dass er mal dringend pinkeln muss?“ Veep for president!

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