Neue Dittrich-Mockumentary: Eine Reporterlegähnde
Olli Dittrich setzt seinen TV-Zyklus fort. Er ist Sigmar Seelenbrecht. Ein Meisterreporter mit großen Erfolgen und noch größerem Ego.
Nicht auszudenken, wo Deutschland und der Journalismus heute stünden, gäbe es Sigmar Seelenbrecht nicht. Die Rolling Stones – niemals so populär geworden. Die Fernsehzuschauer – LSD-vernebelt. Boris Becker – keine Profikarriere. Dass alles anders kam, ist allein dem Meisterreporter Seelenbrecht zu verdanken. Und hätte Berlin schon 1999 auf ihn gehört, das Flughafendebakel um dem BER hätte es nie gegeben. Denn Seelenbrecht hat es vorher gesagt. Recherchiert, kommentiert und angemahnt.
Sigmar Seelenbrecht, das ist die Figur, die sich Olli Dittrich für den siebten Teil seines TV-Zyklus erdacht hat, mit dem er das deutsche Fernsehen persifliert. Gestartet ist er vor vier Jahren mit dem „Frühstücksfernsehen“: heitere Moderatoren, sinnlose Einspieler, Nachrichten und Gewinnspiele. Darauf folgten Talkshow-Satiren, die Doku „Schorsch Aigner – der Mann, der Franz Beckenbauer war“ und die Liveschalte zum sächsischen Reporter „Sandro Zahlemann“. Jetzt also „Der Meisterreporter – Sigmar Seelenbrecht wird 81“.
Der alte Mann sitzt vor seinem Bücherregal und erzählt exklusiv von seinen Recherchen. Er nuschelt, überschlägt sich beim Erzählen, fällt dem Fragenden ins Wort und macht deutlich: Sein größter Erfolg ist eigentlich er selbst.
„Irre Jeschichte“, „irrer Mann“, „verrückte Sache“ – Seelenbrecht hat, wie es sich für eine Reporterlegende gehört, vor allem ein großes Ego. All das ist schön gespielt, authentisch und deswegen witzig, nutzt sich aber auch langsam ab.
Als Dittrich seinen Zyklus begann, waren Mockumentaries, also als Dokumentation getarnte Satiren, im deutschen Fernsehen noch neu. Wenn Giovanni di Lorenzo und Günter Jauch jetzt mit ernster Miene Dittrichs Reporterlegende huldigen, ist das zwar immer noch witzig, richtig überraschen kann Dittrich damit aber nicht mehr.