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EU und Afrika bleiben ungleiche Partner„Europa bietet wenig an“

Bei Joachim Schusters Tagung zu den Partnerschaftsabkommen von EU und afrikanischen Staaten warnt Francesco Marí vor neokolonialen Folgen

Der afrikanische Widerstand gegen die EPA formierte sich beim Weltsozialforum 2007 in Nairobi und ist seither nicht abgerissen Foto: Morris/dpa
Interview von Hendrik Gerlach

taz: Herr Marí, was halten sie von Economic Partnership Agree­ments, kurz EPA?

Francisco Marí: EPAs werden von Europa aus manchmal als Entwicklungabkommen bezeichnet. Aber das sind sie für uns und vor allem für afrikanische Zivilgesellschaften von Anfang an nicht gewesen. Es sind Freihandelsabkommen wie alle anderen auch, die Europa mit Afrika abschließen wollte.

Wollte?

Es hat nicht geklappt – die meisten afrikanischen Länder haben sich verweigert. Im Moment gibt es nur mit vier südafrikanischen Ländern vollständige EPAs. Woanders sind die Verhandlungen zwar beendet, aber viele Staaten wollen nicht unterschreiben.

Im Interview:  Francisco Marí

57, ist Referent für Welternährung, Agrarhandel und Meerespolitik bei Brot für die Welt.

EPA-Konferenz

Oktober 2016 trat das Partnerschaftsabkommen (EPA) zwischen der EU und Namibia, Botswana, Swasiland und Lesotho in Kraft.

Laut dem pro-europäischen Portal Euractiv sind die „größten Verlierer des neuen Arrangements die am wenigsten entwickelten Staaten“.

Der Bremer Europa-Abgeordnete Joachim Schuster (SPE), EPA-Befürworter, richtet heute eine Konferenz zum Thema aus.

Ab 10 Uhr gehen vier Workshops im Haus der Wissenschaft der Frage nach, ob das EPA Chance oder Hindernis für nachhaltige Entwicklung ist.

Der Debatte stellen sich ab 18 Uhr: Abdou Rahime Diallo vom Diaspora Policy Institute, der Director „Anglophone Africa“, Karsten Galipp, Boniface Mabanza von der kirchlichen Arbeitsstelle sowie Evita Schmieg, Stiftung Wissenschaft und Politik. (taz)

Warum?

Weil es ihre industrielle Entwicklung so stark behindern würde, dass es sich für sie nicht lohnt. Marktzugang haben die meisten schon. Den 50 ärmsten Ländern der Welt gewährt die EU einseitig für ihre Exporte zollfreien Zugang, davon sind 34 afrikanische Staaten. Diesen Marktzugang haben sie mit oder ohne EPA. Mit den EPAs müssen sie aber nun zusätzlich ihren Markt für EU-Waren öffnen. Andere Staaten wie Nigeria exportieren nur Ölprodukte, die sowieso keinen Zoll in der EU haben. Europa bietet also wenig an – dafür verlangt es freien Zugang zum afrikanischen Markt.

Joachim Schuster, Bremer EU-Abgeordneter und Veranstalter der Konferenz, will gerade durch EPAs afrikanische Wirtschaftsstrukturen erhalten

Das mag der Wunsch der EU sein, aber das Gegenteil ist dabei herausgekommen. Sie versuchen seit dem Beginn der Verhandlungen vor 15 Jahren, den Staaten Verträge aufzudrücken, von denen sie nichts haben. Das größte Versprechen der EU, nämlich den zollfreien Zugang zum europäischen Markt, haben sie längst. Warum sollten sie also verhandeln?

Das trifft nicht auf alle afrikanischen Länder zu.

Nur einige Staaten wie Ghana und Côte d’Ivoire haben den Zugang nicht, weil die UN sie als Länder mittleren Einkommen einstuft. Die USA aber geben ihnen trotzdem freien Zugang zu ihrem Markt für viele Produkte. Die EU argumentiert, dass die Regeln der WTO das nicht zulassen, aber das ist ein Scheinargument. Denn die EU hat auch ein sogenanntes Präferenzsystem, was diesen wenigen „reicheren“ Staaten Afrikas ebenfalls einseitig Zollfreiheit gewähren könnte, die Kapverden nutzen das. Wenn die EU wollte, könnte sie das Problem also auch ohne EPAs lösen.

Tut sie aber nicht.

Nein, weil es ihr darum geht, selbst Produkte zollfrei nach Afrika exportieren zu können. Das wollen die afrikanischen Staaten aber selber bestimmen, anstatt sich für 25 Jahre festzulegen, wie es die EU anstrebt. Ob sie Gold verarbeiten oder Autos bauen: Afrika kann heute noch nicht wissen, welche Zölle in 25 Jahren sinnvoll sind. Das ist der Grund dafür, dass viele Länder nicht unterschreiben wollen.

Ist eine Lösung in Sicht?

Alle afrikanischen Staaten, die das wollen, können ja nun zollfrei nach Europa exportieren, so wie die EU das will. Da müsste sich also nichts ändern. Die EU müsste nur zulassen, dass die wenigen Staaten mit Übergangsabkommen ihre Zölle nicht weiter reduzieren. Sonst schaden sie der wirtschaftlichen Inte­gration mit ihren Nachbarn ohne EPAs. Das würde zu Konflikten führen. Die EU will aber weiter die EPAs durchsetzen, weil sie ansonsten das Gesicht verliert nach 15 Jahren Verhandlung. Es ist aber ein großer Erfolg für Afrika, dass sie sich gegen diese fast schon tödliche Umklammerung der EU mal gewehrt haben.

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