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VerbrechenAllein unter Frauen: Im letzten Band von Candice Fox’ Thrillertrilogie hat Detective Frank Bennett einen schweren StandZu Tode gejoggt

Candice Fox ist der australische Shootingstar am Thrillerhimmel. „Fall“ heißt der dritte und letzte Band ihrer Archer-und-Bennett-Trilogie, einer Reihe, die sich um ein ungleiches Ermittlerpaar in Sydney dreht. Frank Bennett, der als Ich-Erzähler die menschliche Perspektive auf das oft grausig-spektakuläre Geschehen beisteuert, ist ein gutmütiger australischer Macho mit ziemlich durchschnittlichen Fähigkeiten in allen Bereichen. Seine Berufskollegin Eden Archer hingegen zeigt sich einmal mehr als eine mehrfach hochbegabte, scheinbar emotionslose Schönheit von streng geheim gehaltener Herkunft, die in ihrer Freizeit heimlich als Killerin der Bösen und Verderbten dieser Welt unterwegs ist.

Ein Normalo und eine verkorkste Superheldin also. Die Superheldin allerdings wurde in Band 2 („Eden“, Suhrkamp 2016) arg lädiert und ist daher noch nicht wieder im Vollbesitz ihrer körperlichen Kräfte, als nun in Sydney ein brutaler Mord an einer Joggerin geschieht, von dem die Ermittelnden eher spät erkennen, dass es sich um die Tat eines Serienkillers handelt.

Im Gegensatz zu Frank allerdings merken die Frauen um ihn herum ziemlich schnell, dass der Killer eine Killerin sein muss. Spätestens als eine zweite junge Joggerin tot aufgefunden wird, der das hübsche Gesicht zu Brei geschlagen wurde, sind sowohl Eden als auch Franks neue Lebensgefährtin, die Polizeipsychologin Imogen, überzeugt davon, dass hier eine Frau ihren Hass auf die eigenen Geschlechtsgenossinnen gewaltsam ausagiert. Und wir LeserInnen wissen, dass das stimmt, weil wir in einer Parallelhandlung mit der tragischen Geschichte einer übergewichtigen, von ihrer schönen Mutter grausam manipulierten jungen Frau vertraut gemacht werden, die nie Selbstwertgefühl entwickeln konnte und ein nicht überwundenes Kindheitstrauma mit sich herumträgt.

Da die Spannung bei der Lektüre sich also nicht aus der „Whodunnit“-Frage entwickeln kann, muss sie aus anderen Quellen geschöpft werden. Die Autorin löst diese Aufgabe auf zwei Wegen. Auf der einen Seite actionbasiert – indem die Handlung in ein riesiges Jogging-Event-Finale mündet, auf dem, wie die Polizei fürchtet, der Killer wieder zuschlagen wird und das sich entsprechend hysterisch entwickelt.

Vor allem aber wächst in diesem dritten Band die Hintergrundhandlung, die sich in der gesamten Trilogie um Edens Herkunft rankt, überdurchschnittlich an. Denn Franks Liebste Imogen, die Psychologin, ist sehr ehrgeizig als Hobbydetektivin mit der Bearbeitung ungelöster Kriminalfälle befasst – und Edens geheimnisvoller Herkunft auf der Spur. Gleichzeitig ist die geniale 17-jährige Hackerin Amy, für die Frank ungewohnte, fast väterliche Gefühle hegt, nicht nur hinter der Serienkillerin, sondern auch hinter Imogen her. Doch als sie Eden warnen will, tappt sie naiv in eine fatale Falle.

Ich-Erzähler Frank fasst seinen eigenen Part in diesem Roman gut zusammen, wenn er sinniert: „Ich hatte keine dieser Frauen unter Kontrolle.“ Das Ganze ist ein Frauen-Ding – und nicht zuletzt ein bitterböser Kommentar auf den allgemeinen Schlankheits- und Fitnesswahn. Aber so geschickt die einzelnen Handlungsebenen auch ineinandergreifen, fehlt es dem Roman aufgrund seiner thematischen Komplexität etwas an Stringenz.

Ständig wechselt die Perspektive zwischen den Personen, es gibt keinen wirklichen Fokus, und die Hintergrundintrige überwuchert die vordergründige Thrillerhandlung. Von allen drei Bänden dieser an sich grandiosen Trilogie ist dieser daher derjenige, dem man am ehesten vorwerfen könnte, an seiner eigenen Überambitioniertheit etwas zu schwer zu tragen. Aber am Ende ist Candice Fox auf jeden Fall immer für eine Überraschung gut.Katharina Granzin

Candice Fox: „Fall“. Aus dem Englischen von Anke Caroline Burger. Suhrkamp Verlag, Berlin 2017, 473 Seiten, 15,95 Euro

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