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Militärtransport in BremerhavenDer Sonne entgegen

Die US-Army lädt in Bremerhaven militärisches Gerät um für Manöver in Osteuropa. Friedensforum und Die Linke bezeichnen das als „Kriegsvorbereitung“

Verschärfter Grenzschutz: Ein Fähnlein aufrechter Ranger im Herbst 2016 in Litauen Foto: Mindaugas Kulbis/AP

Die Amerikaner kommen. Ab morgen wird in Bremerhaven das militärische Gerät einer kompletten Panzerbrigade der US-Armee entladen und anschließend in Konvois und per Bahn weiter nach Polen transportiert. Über 4.000 US-Soldaten werden dort und in weiteren mittel- und osteuropäischen Ländern die NATO-Präsenz verstärken. Die Aktion ist Teil der Operation „Atlantic Resolve“, in deren Rahmen seit 2014 verstärkt Manöver in den osteuropäischen NATO-Mitgliedstaaten durchgeführt werden.

Gegen die Truppenverlegung protestieren insgesamt 28 verschiedene Gruppen und Organisationen, unter ihnen das Bremer Friedensforum sowie die Partei Die Linke. Sie haben sich in den vergangenen zwei Wochen formiert und den sogenannten „Bremerhavener Appell“ unterzeichnet, in dem sie einen Stopp der Militärtransporte über Bremerhaven fordern.

In dem Appell heißt es unter anderem: „Das Säbelrasseln der NATO vor der russischen Haustür erhöht die Kriegsgefahr“. Das Verlegen der Panzerbrigade sei nicht nur Drohgebärde, sondern „konkrete Kriegsvorbereitung“. Deutschland werde somit zum „Aufmarschgebiet“.

Die Rhetorik sitzt, woher jedoch die Information stammt, dass die NATO einen Angriff auf Russland plant, bleibt unklar. Ein Bundeswehr-Sprecher erklärt auf Nachfrage der taz, sie setze lediglich die Beschlüsse der NATO-Gipfel in Wales und Warschau um.

Auch der Bremer Osteuropa-Historiker Wolfgang Eichwede will sich den Bremerhavener Appell nicht zu eigen machen: „Ich sehe die Manöver nicht so dramatisch“, sagte er der taz. Sie seien ein Zeichen an Russland, dass die NATO an der Seite seiner osteuropäischen Mitglieder stehe – ein Zeichen übrigens, das Putin auch verstehe. „Die Truppen, die dort die Manöver durchführen, sind schon zahlenmäßig in keiner Weise geeignet, Russland zu bedrohen“, sagte Eichwede weiter der taz. „Die Manöver dienen auch zur Beruhigung in den kleineren osteuropäischen NATO-Staaten“, die sich vor allem durch die russische Politik auf der Krim und in der Ukraine bedroht sehen.

Die Operation „Atlantic Resolve“ ist eine direkte Antwort auf Russlands Ukraine-Politik und soll für Frieden und Stabilität in Europa sorgen. Deutschland ist als NATO-Mitglied und Transitland für die Logistik und den Weitertransport zuständig, der im Rahmen des sogenannten „Host Nation Support“ von der Bundeswehr koordiniert wird. Sie stellt Lagerkapazität und Unterkünfte zur Verfügung und sichert den Transport: Der Inhalt der insgesamt drei Transportschiffe, die ab Samstag in Bremerhaven einlaufen werden, muss für den Weitertransport auf 900 Güterwaggons umgeladen werden.

Bremerhaven, so Andreas Hoetzel vom Hafenbetreiber BLG Logistics, sei seit Ende des zweiten Weltkriegs der Nachschubhafen für die Amerikaner, was auch im NATO-Statut festgelegt ist. „Hier werden regelmäßig militärische Güter verladen, wir sind das gewohnt.“

Deutschland wird somit zum Aufmarschgebiet

aus dem ‚Bremerhavener Appell‘

Geht es nach den Linken in der Stadtverordnetenversammlung Bremerhaven, soll damit nun Schluss sein. In einer Pressemitteilung heißt es: „Schon jahrzehntelang wurde unser Hafen für Militärtransporte aller Art missbraucht und somit zum Umschlagplatz des Todes gemacht.“

Das Bündnis aus Friedensgruppen und der Linken ruft für Samstagmittag um 12 Uhr an der Großen Kirche in Bremerhaven zur Demo auf. Sie fordern „kreativen und entschlossenen Protest“ und rufen BürgermeisterInnen und Kommunalparlamente auf, sich „mit allen Mitteln“ den Militärtransporten durch ihre Städte „in den Weg zu stellen“. Außerdem wünschen sie sich eine „solidarische und gerechte Welt“. Die Solidarität der NATO mit Polen und den baltischen Staaten zählt dabei aber nicht mit.

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