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Raus „taz.meinland – taz on Tour für die offene Gesellschaft“ – die neue taz-Kampagne, ist mehr als WerbungJournalismus in neuer Form

von Jan Feddersen

Hinterher, nachdem Donald Trump die US-Präsidentschaftswahlen gewonnen hatte, wollten alle auch schon vorher schlau gewesen sein. In Wahrheit hatten nur sehr wenige gegen alle demoskopischen Befunde den Sieg des republikanischen Kandidaten über die haushohe Favoritin Hillary Clinton für sehr gut möglich gehalten. Das waren freilich weniger solche Medienarbeiter, die über besondere Fähigkeiten zur Steuerung von Algorithmen verfügen, sondern Reporter*innen, die durch die USA reisten und einfach nur beobachteten. Und dies notierten. Sie mochten sich nicht auf die alte (Halb-)Wahrheit verlassen, dass Zahlen nicht lügen.

In der Tat lag in den USA diese Wechselstimmung („Jemand ganz anderes“) in der Luft, und sie wollte von liberalen Kreisen kaum nachgefühlt werden, weil man das Resultat fürchtete: Ein Mann, der sich sprachlich weder an Takt noch an Ton zu halten vermochte, der rassistisch und sexistisch sich gern artikulierte – und durch diese drastischen Klänge mehr Sympathien als Widerwillen erntete.

Wie kann die taz für sich Reklame machen?

In besonderer Deutlichkeit artikulierte dies in der taz unsere USA-versierte politische Korrespondentin, Bettina Gaus, die viele Monate vor den Novemberwahlen zum Urteil fand, Donald Trump werde es machen. Man verdächtigte sie der Unkenruferei – doch sie behielt, bitter und deprimierend, recht. Die taz überlegt sich Jahr für Jahr, seit ihrer Gründung Ende der siebziger Jahre, mit welchen Slogans sie für sich wirbt.

Klar: In erster Linie macht diese Zeitung durch ihren Journalismus für sich selbst Reklame. Tschernobyl, die Kampagne für den fatwaverfolgten Salman Rushdie und der Fall der Mauer 1989 bis 1990 in frühen Jahren; die Reaktorimplosion in Fukushima, der europäische Aufstieg der antidemokratischen Populisten oder die Flucht der Millionen in jüngster Zeit nach Europa: Die taz hat alle erschütternden Ereignisse journalistisch begleitet, analysiert und Kontexte hergestellt.

Dennoch bewirbt die taz sich selbst. In Kinospots, in anderen Medien – und durch unsere Expertinnen und Experten aus der Redaktion in TV- und Hörfunksendungen, in denen diese mit Kompetenz auffallen und damit eben auch diese Zeitung öffentlich profilieren. Doch mehr noch: Seit 2009 feiern wir einmal im Jahr den taz-Kongress – das taz.lab.

Im Haus der Kulturen der Welt an der Spree kamen 2016 knapp 3.000 Menschen zu einem Tag mit 80 Panels, Workshops, Podien und viel Geselligkeiten zusammen.

Das Volxfest trug die Überschrift „Fremde oder Freunde“: ein journalistisch grundiertes Ereignis, welches jedoch aus dem taz-Marketingbudget bezahlt wird. Das heißt zugleich, dass dieses Event mehr sein will und ja auch ist als irgendeine Festivität. Das taz.lab ist, kühl formuliert – als Werbung in eigener Sache – ein Tool, die taz-Community Jahr für Jahr zu erweitern. Die Familie der alternativen Publizistik will ja nicht nur im eigenen Saft schmoren. Eigenwerbung im Verständnis der taz heißt also immer: mit Witz und Ernsthaftigkeit zugleich auf die Anliegen der eigenen Publizistik zu verweisen. Die Welt verstehen, im Kleinen wie im Großen. Und: Menschen, die sonst kein Forum finden, zu Wort kommen zu lassen.

Im kommenden Jahr wird die Kooperation zwischen Redaktion und Werbeabteilung, wie wir sie bisher schon beim taz.lab freundschaftlich praktizieren, noch gründlicher werden. Und genau genommen läuft diese neue Zusammenarbeit schon seit September, mit den ersten Veranstaltungen unsere Kampagne „taz.meinland – taz on Tour für die offene Gesellschaft“, wofür wir bereits in Saßnitz, Rügen, Güstrow, Mecklenburg und Schleife, Oberlausitz zu Gast waren (siehe Karte).

Raus aus der Haupstadtblase

Ziel der Kampagne: taz-Leser*innen laden uns in ihre Orte ein, um dort mit und von Bürger*innen zu erfahren, was dort, jenseits der in der Hauptstadt ansässigen taz, die Probleme sind. Wo die Schuhe drücken. Wo es hakt, wo mehr als nur üblicher Missmut zum politischen Ärger heranwächst.

Die Idee: Ins Land hinauszugehen und an Ort und Stelle Menschen zu befragen, kennenzulernen, sie zu Wort kommen zu lassen, die in einer Atmosphäre mächtiger Nervosität an einem gesellschaftlichen Miteinander festhalten. Wir nennen diese bis zu den Bundestagswahlen 2017 dauernde Aktion „taz.meinland“: ein für taz-Verhältnisse beinah umstürzlerisches Motto, weil diese Zeitung doch in sehr frühen Zeiten sehr auf Ablehnung des „Systems“ hielt. Inzwischen hat sich auch bei unserem Publikum das Verhältnis zur Bundesrepublik weitgehend gewandelt: Man weiß offenbar, was dieses Land zu einem, bei aller punktuellen Kritik, demokratischen macht, rechtsstaatlich und freiheitlich orientiert. Oder wie der US-amerikanische Philosoph Michael Walzer sagte: Linke müssen sich für ihr Land engagieren, wenn sie Demokraten sind, sie müssen sich zuständig fühlen für das Gemeinwohl (auch das ihrer politischen Kontrahenten), sonst machen es die Rechten und Mächtigen.

Keine Schlaumeier*innen

Die Veranstaltungen, die wir 2017 Jahr planen und zu denen uns unsere Leser*innen einladen, werden journalistisch in der gedruckten taz und auf taz.de gespiegelt. Wir berichten davon, wie es vor Ort war und ist: zuhörend, protokollierend, moderierend – ergebnisoffen. Wir werden keine Schlaumeier*innen aus der Hauptstadtblase sein – das ist die Pointe unserer Kampagne. Wir verstehen das als Exkursion in deutsche Wirklichkeiten. Wir treffen Menschen, die wir noch nicht kennen und die allermeist uns nicht kennen. Das müssen wir tun, mit Vergnügen, denn: Wir wollen Fühlung aufnehmen mit einem Land, das viele Hauptstadtjournalist*innen allenfalls theoretisch kennen. Keine andere überregionale Zeitung wird ein vergleichbares Projekt wagen. Unsere Veranstaltungen sind, unsere taz on Tour ist Journalismus in neuer Form.

Wo sind wir unterwegs? Und wer sind die Menschen, denen wir begegnen? Alle Infos:www.taz.de/meinland

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