WOHIN IN BREMEN?:
Haus der Wissenschaft, Sandstraße 5, Samstag 10–14 Uhr sowie Montag bis Freitag 10–19 Uhr
Revolutionäres Sehen
Mit der Fotografie beginnt ja, im Sinne des Medien-Philosophen Vilém Flusser, das Zeitalter des Technobildes, in dem die Bildproduktion sich nur noch als angewandte Wissenschaft verstehen lässt. Umso revolutionärer ist das Potenzial der Wissenschaftsfotografie, die im Blicken auf Forschung die Bedingungen der Möglichkeit des automatischen Schauens und der technisierten Bildgebung aufdecken und befragen muss: Sie kann nur als Fotografie mit und gegen den Apparat gelingen, als Fotografie, die sich über dessen Programmierung hinwegsetzt und sie überlistet. Gerade auf diese Weise entstehen Bilder, die unsere Vorstellung von Wirklichkeit irritieren, wie Jörg Gläschers analoge, nur geringfügig digital nachbearbeitete Aufnahme „Auf der Kippe“. Für die erhielt der in Leipzig lebende Fotograf 2007 den deutschen Preis für Wissenschaftsfotografie, den das „Public Understanding of Science“-Magazin Bild der Wissenschaft seit zehn Jahren in Bremen verleiht. Im stillgelegten Braunkohletagebau von Zwenkau setzte er die Grabungsleiterin der damals mit 87 Hektar größten archäologischen Stätte Europas in einem eigens herbeigeschafften Boot in Szene – im Vorgriff auf die Zukunft des Areals. Denn das wurde kurz darauf geflutet. Dort, wo die Forscher Siedlungsspuren aus dem frühen Neolithikum und zwei 5.000-jährige Brunnen freigelegt hatten, schwappen heute die Wellen des Zwenkauer Sees. Den wollen Touristiker zu einem Schwerpunkt des Segelsports entwickeln. Anlässlich des Jubiläums des Fotopreises blickt das Haus der Wissenschaft mit einer Ausstellung der Preisträger und einer Auswahl preiswürdiger Arbeiten zurück auf eine Dekade starker Eindrücke und irritierender Ansichten, die der Wettbewerb zu Tage gefördert hat.
Donnerstag und Freitag jeweils 20 Uhr, Theaterkontor, Schildstraße 21
Die Diva und die Nackttänzerin
Dass Mata Hari, niederländische Agentin des kaiserlich deutschen Geheimdienstes mit dem Decknamen H21 und das Patriarchat verwirrende Nackttänzerin, 1917 durch ein französisches Militärgericht zum Tode verurteilt in Vincennes erschossen wurde, ist ein noch halbwegs geläufiges Fakt. Weniger bekannt: Angeblich hat Claude France, in Emden als Anna Wittig geborene Diva des französischen Stummfilms, die von 1919 bis 1928, dem Jahr ihres Suizids, in Léon Gaumonts Regie 21 Filme drehte, dem Deuxième Bureau den entscheidenden Tipp gegeben. Der lettische Regisseur Vlad Davidenko hat das zu einer Opium-Fantasie verdichtet, durch die Benedikt Vermeer und Gala Z im Literaturkeller schweben.
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