Superhelden bei Marvel Comics: Du strahlendes Pferdchen!
Der kanadische Premierminister Justin Trudeau tritt in einem Superhelden-Comic auf. Dass das nun passiert, ist nur konsequent.
In der Marvel-Welt gibt es einen neuen Superhelden. Er kann die Zukunft vorhersagen. Nicht perfekt aber mit hoher Wahrscheinlichkeit. Andere Superhelden sehen die Anwendungsmöglichkeiten als unbegrenzt. Das spaltet die Superhelden-Riege. Iron Man meint, man könne die Fähigkeit nicht nutzen, eine Strafe dürfe nicht vor dem eigentlichen Verbrechen verhängt werden. Captain Marvel nimmt die gegenüberliegende Position ein. Es kommt zum Bürgerkrieg. Einige Helden wenden sich hilfesuchend an Justin Trudeau, der im Comic auftritt, um den ethischen Konflikt zu lösen.
„Civil War II: Choosing Sides“ heißt die Comic-Reihe von Marvel Comics, deren fünfte Ausgabe nun herauskommt. Der erste Civil War fand in den 90ern statt. Es ging um die Frage, ob man sich von der Politik kontrollieren lassen wollte oder nicht. Justin Trudeau hatte kein Mitspracherecht, wäre aber wohl gegen mehr Staat gewesen.
In der kommenden Ausgabe des zweiten Bürgerkriegs zieht nun die kanadische Superhelden-Kombo „Alpha Flight“ Justin Trudeau zu Rate. Der amtierende Premierminister Kanadas soll bei der Entscheidungsfindung helfen. Das passt, wird Trudeau, jung, gutaussehend und fit, doch häufig selbst wie ein Superheld gefeiert.
Der Superheld der Liberalen
Trudeau ist Mitglied der liberalen Partei Kanadas, er bezeichnet sich als Feminist, ist für die Legalisierung von Marihuana und „pro choice“. Wie er allerdings mit Zukunfts-Verbrechen umgehen würde, lässt er ungefragt offen. „Es ist ein wenig vertrackt. Einfach weil wir ab dem Moment, in dem wir dem Premierminister Worte in den Mund legen, wissen, dass wir hier Trudeau-Fan-Fiction machen“, hat Chip Zdarsky erkannt, der den Comic geschrieben hat.
Schon Trudeaus Vater Pierre ist einmal in einem Marvel Comic aufgetaucht. Auch er war Premierminister Kanadas. Dieses Mal wird es für Justin Trudeau ungleich einfacher, in seine Fußstapfen zu treten. Er hat das Comic-tauglichere Gesicht als sein Vater und wird allerorts als neues Sexsymbol der Politik gefeiert.
Das Cover des Comics zeigt Justin Trudeau in Boxer Montur. Lässig sitzt er in der Ecke und grinst den Betrachter an. „Er scheint mir neben Drake die erste Assoziation zu sein, die man mit kanadischer Popkultur hat. Und Drake hätte ich wahrscheinlich nicht in den Comic gekriegt.“ meint Zdarsky.
Boxen im Comic und der Realität
Vor seiner Wahl zum Premier hat sich Trudeau 2012 Sympathiepunkte erkämpft, als er gegen den Senator Patrick Brazeau im Rahmen einer Wohltätigkeitsveranstaltung geboxt hat. Die Sympathien der Kommentatoren waren da bereits bei Trudeau: „Tanz, du strahlendes Pferdchen!“ oder „Ich will diese wunderschönen Lippen nicht bluten sehen!“ kommentierten sie.
Ein anderer Boxer, der im Comic verewigt wurde, ist Muhammad Ali. 1978 musste er sich – unter außerirdischen Bedingungen – im Ring mit Superman messen. Natürlich gewann der „Greatest of All Time“. Ebenso Trudeau, dessen Gegner in der dritten Runde per technischem KO unterlag.
Ob Trudeau im Comic boxen wird, bleibt bis zur Veröffentlichung offen. Ebenso seine Position bezüglich Zukunftsverbrechen. „Vielleicht ruft er mich bald an und fragt ‚Wie kannst du mich sowas zu … Iron Man sagen lassen?‘“, fürchtet Zdarsky.
Aber selbst wenn: Trudeau hat sich durch seine Selbstdarstellung in der Öffentlichkeit in eine Position manövriert, aus der heraus er sich schlecht beschweren kann. So hat er im Fernsehen vorgeführt, wie professionell er Treppen herunterfällt sind oder wie er auf einem Bürotisch Liegestütze machen kann, ohne seine Füße abzustützen.
Außerdem ist er vor allem für die LGBTIQ-Community bereits ein Held, die ihn regelmäßig auf sein Äußeres reduziert, aber genauso seine liberalen Positionen feiert. Dass er nun auch im Superhelden Comic seinen Mann steht, ist also nur konsequent.
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