Uta Schleiermacher fragt bei Flüchtlingen nach, die in die Hangars sollen: Kein akzeptables Angebot
Vor dem Eingang zum Rathaus Neukölln stehen vier Polizisten und eine Polizistin. Breitbeinig. Damit auch nur ja keiner der rund dreißig Flüchtlinge, die sich am Montagmittag vor dem Rathaus versammelt haben, auf die Idee kommt, dort hineinzugehen. Die Gruppe stellt sich mit ihren Transparenten vor dem Rathaus auf. „Nach 10 Monaten in einer Massenunterkunft wollen wir in ein Wohnheim“ und „No Tempelhof“ steht auf dem größten Plakat. Bisher haben sie in der Jahnsporthalle am Columbiadamm gelebt. Die wurde am Freitag leer geräumt, seitdem wehren sich die Männer dagegen, in die Notunterkunft im Tempelhofer Flughafen einzuziehen.
„Ich wohne seit September in der Turnhalle, sie haben uns bessere Wohnungen versprochen. Jetzt sollen wir nach Tempelhof – das ist ein Rückschritt“, sagt Noar Ahmad, ein junger Mann aus Syrien. „Wie sollen wir uns unter diesen Bedingungen integrieren?“
Nicht mal für ihre Deutschkurse könnten sie in Ruhe lernen. Mit einem Demonstrationszug, bei dem etwa 80 Flüchtlinge und Unterstützer am Montag durch Neukölln laufen, protestiert die Gruppe für das Recht auf eigene Wohnungen.
Eine Wohnung steht Flüchtlingen nach sechs Monaten in einer Notunterkunft rechtlich auch zu. Vor dem Rathaus fordern die Männer daher Antworten von den Verantwortlichen. Doch die, die in Gestalt von Sascha Langenbach, Pressesprecher der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales, und dem Neuköllner Bezirksstadtrat Bernd Szczepanski (Grüne) greifbar sind, preisen im Gespräch die Vorzüge von Tempelhof. In den Hangars seien die soziale Betreuung und medizinische Versorgung beispielhaft. „Wir haben ihnen schriftlich zugesichert, dass sie in die Container einziehen können, die vor den Hangars aufgebaut werden sollen“, sagt Langenbach. Die seien voraussichtlich in drei Monaten bezugsfertig.
Für die Männer ist das kein akzeptables Angebot. Die meisten kehren am Nachmittag zur Sporthalle zurück. Vor deren Eingang, der inzwischen mit Polizeigittern verbarrikadiert ist, halten sie bereits seit Freitagabend eine Mahnwache ab. Unter der Aufsicht der Polizei, die strikte Rahmenbedingungen für den Protest durchsetzt: Sie dürfen weder Schlafsäcke benutzen noch Zelte aufstellen. „Auch Regenschirme hat die Polizei wieder abbauen lassen“, erzählt eine Unterstützerin. Mehrere Regenschirme nebeneinander gälten als Zelt – und hätten daher abgebaut werden müssen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen