piwik no script img

Jazz ohne Grenzen

FESTIVALS Die Sommersaison bietet unter anderem Ausnahmetrompeter auf pfälzischen Weingütern, Pianolegenden in Wormser Restaurants und viel gepriesene Sänger im Zelt

Zeitgenössisches mit Meerblick: Jazz Baltica am Timmendorfer Strand Foto: Vidar Askland/plainpicture

Von MATTHIAS KIRSCH

Jazzfans sollten sich im Sommer bis in den November hinein ein paar Monate Urlaub gönnen. Denn das Festivaljahr 2016 verspricht ein abwechslungsreiches Liveprogramm. Und auch wenn viele Künstler von Festival zu Festival weitergereicht werden, so sind es doch oft das gewisse Umfeld und die zusätzlichen Angebote, die ein Festival zu einem Erlebnis machen können, von dem man noch viele Jahre im Freundeskreis erzählt.

Eines dieser besonderen Festivals ist das palatiaJazzfestival in der Pfalz (25. 6. – 30. 7.). Hier wird an historischen und wirklich außergewöhnlichen Orten in diesem Jahr einen Monat lang das 20. Jubiläum gefeiert. Und weil die Pfalz eine der wichtigsten Weinanbauregionen in Deutschland ist, wird an jedem der Festivalspielorte eine besondere Weinkarte angeboten, die einen Großteil der dort ansässigen Winzer vorstellt. In diesem Jahr spielt etwa der grandiose französische Saxofonist Émile Parisien mit seinem Quintet und Special Guest Joachim Kühn in der Villa Ludwigshöhe in Edenkoben (9. 7.). Der mittlerweile 77-jährige italienische Ausnahmetrompeter Enrico Rava, der im letzten Jahr sein Wild Dance Quartet gründete, spielt am 16. Juli in d Villa Böhm in Neustadt an der Weinstraße, und einer der derzeit wohl wichtigsten Stimmen an der Trompete, Christian Scott, gastiert am 22. 7. in der Klosterruine Limburg in Bad Dürkheim.

Das Zeltival in Karlsruhe (8. 7 – 7. 8.), veranstaltet vom hiesigen Tollhaus, wartet mit einer gelungenen Mischung aus lokalen und nationalen Bands sowie internationalen Top Acts auf, unter anderem tritt der vielfach ausgezeichnete und viel gepriesene Soul- und Jazzsänger José James auf. Er stellt sein neues Album „Love In A Time Of Madness“ am 18. Juli vor. Ebenfalls zu Gast im Zelt: Blues- und Rootsmeister Keb’Mo’ (17. 7.) oder der nach wie vor wohl angesagteste Sänger im Business, Gregory Porter, der ebenfalls ein neues Album im Gepäck hat (25. 7.), sowie Lisa Simone, Ninas Tochter (29. 7.).

Das 18. Internationale Festival für Jazz und anderes, Enjoy Jazz in Mannheim, Ludwigshafen und Heidelberg, läuft in diesem Jahr vom 2. Oktober bis zum 12. November. Das Festival bietet zusätzlich zu den regulären Konzerten auch Master ­Classes, Workshops, Symposien, ­Matinees und Partys. Und obwohl das endgültige Programm noch nicht feststeht, kann man sich ohne schlechtes Gewissen bereits die Termine freihalten.

Aber wer kann schon knapp sechs Wochen am Stück ein ganzes Festival besuchen? Dann doch lieber nur ein Wochenende in Worms? Beim Festival Jazz & Joy(19. – 21. 8) kann zusätzlich zum Musikprogramm mit einem besonderen kulinarischen Angebot punkten. Die ortsansässigen Köche und Restaurantbetreiber kümmern sich genauso um das Publikum wie etwa Pianolegende Bob Degen, der zusammen mit Heinz Sauer am 20. 8. ein Konzert auf dem Platz der Partnerschaft geben wird.

Die 30 Künstler, die beim Jazz Open in Stuttgart auf fünf Bühnen zu sehen sind (8. – 17. 7.), sind auf jeden Fall eine Reise ins Ländle wert. Vier der Konzerte sind allerdings bereits ausverkauft. Unter anderem ist Chick Corea zu Gast. Der Pianist feiert seinen 75. Geburtstag mit einer echten Allstar-Band, zu der Kenny Garrett, Christian McBride und Wallace Roney gehören (12. 7.). Im weiteren Programm finden sich auch Publikumslieblinge wie Jamie Cullum, Santana, Van Morrison, und Klaus Doldinger.

Europäischer Jazz im hohen Norden

Wer sich einen kleinen Überblick über den zeitgenössischen europäischen Jazz verschaffen möchte, der sollte Richtung Norden zum Jazz-Baltica-Festival reisen. Vom 23. bis zum 26. Juni treffen sich hier einige der zurzeit tonangebenden Bands und Musiker, darunter der finnische Pianist Iiro Rantala, der auf den schwedischen Ausnahmegitarristen Ulf Wakenius trifft, sowie die deutsche Band Cyminology mit der Sängerin Cymin Samawatie, die sich auf ihrem ECM-Album „Phoenix“ mit der persischen Dichterin Forough Far­rokh­zad auseinander gesetzt hat.

Bereits zum 14. Mal veranstaltet Berlins Jazzkeller 69 e. V. das kleine, aber feine Festival Jazz an der Lohmühle (18. 6. – 13. 8.), bei dem – umsonst und draußen – neben Free Jazz und Avantgarde auch viel Weltmusik, Country und Rock geboten wird – immer jedoch mit einem gehörigen Schuss Jazz versetzt. So finden sich die amerikanische Sängerin Manon Kahle und die deutsche Sängerin Lucia Cadotsch zusammen, um mit Banjo, Fiddle und Ukulele zusammen mit den sehr umtriebigen und kreativen Berliner Musikern Ronny Graupe, Uli Kempendorff und Michael Griener einen garantiert einmaligen Sound zu kreieren.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen