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Off-Kino

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Lars Penning

Filme aus dem Archiv– frisch gesichtet

Drei interessante Beispiele für Farbe im Film: Nicholas Ray drehte seinen Western „Johnny Guitar“ 1954 in Trucolor, dem kurzlebigen Farbverfahren des Republic-Studios. Und so seltsam künstlich die Farben wirken, so merkwürdig auch Rays Genrevariation, in der sich zwei Frauen (Joan Fontaine und Mercedes McCambridge) bis zum Tode duellieren, derweil der Revolverheld (Sterling Hayden) seine Finger vom Colt lässt und lieber Gitarre spielt. Auch die Geschichte des Defa-Films „Spielbank-Affäre“ ist interessant: Teilweise mit West-Geldern finanziert, erzählt Artur Pohls Werk von einer naiven Studentin (Gertrud Kückelmann), die von Gangstern zur Geldwäsche in einem Casino missbraucht wird. Doch die DDR-Zensoren fanden den farbigen Blick auf den Westen viel zu verführerisch – in der DDR erschien der Film seinerzeit nur in Schwarzweiß (die s/w-Fassung zeigt das Arsenal am 30. 5.).

Zwei Filme gibt es auch noch von James Benning zu sehen: 2004 kehrte der Avantgardist noch einmal an jene Schauplätze in seiner Heimatstadt Milwaukee zurück, an denen er 1977 seinen ersten abendfüllenden Film „One Way Boogie Woogie“ gedreht hatte: „27 ­Years ­Later“ ist ein an selber Stelle gedrehtes Remake, für das er die Kamera an denselben Standorten aufstellte und einige seiner Protagonisten von einst ihre Tätigkeiten in leichten Variationen wiederholen ließ. Den größten Unterschied in dieser Studie der Veränderung und Vergänglichkeit aber macht die Farbe aus: Die satten Töne von „One Way Boogie Woogie“ weichen in „27 Years Later“ einer differenzierteren Farbgebung (Johnny Guitar, 14. 5., 19.30 Uhr, Arsenal 2, 16. 5., 20 Uhr, Arsenal 1; Spielbank-Affäre, 17. 5., 19.30 Uhr, Arsenal 2; One Way Boogie Woogie/27 Years Later, 18. 5., 19.30 Uhr, Arsenal 2).

Ein höchst ungewöhnlicher Film ist auch die Animations-Dokumentation „Tito on Ice“ der schwedischen Comic-Künstler Max Andersson und Lars Sjunnesson. Die fahren mit einem Styropor-Tito im Gepäck quer durch die Länder des ehemaligen Jugoslawien, wo sie ihren Comic „Bosnian Flat Dog“ vorstellen und viele andere Künstler, Literaten und Betreiber von alternativen Clubs treffen, die ihnen aus ihren mit den Wirren der Nach-Bürgerkriegszeit verwobenen Leben erzählen. Illustriert werden diese Erlebnisse durch schwarz-weiße Simpel-Animationen mit tollem Set-Design („All sets were made of 100 % garbage“). Übersetzt in die Welt einfacher Müllfiguren erscheint die Realität in dieser Bestandsaufnahme politischer Absurdität gleich noch einmal viel merkwürdiger (12. 5., 18. 5., 21.30 Uhr, 14. 5., 22.15 Uhr, Kino Krokodil).

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