Mehr Spaß mit der Kulturnation
: KOMMENTAR VON DIRK KNIPPHALS

Aaaaarrghhh! Schluck! Spotz! Britzel! Das alles sind Begriffe, die man von heute an in Frankfurt auf der Buchmesse lesen kann – neben dem neuen Ingo Schulze und dem gerade nicht ganz so neuen Dichterwort von Peter Handke. Denn die Messe ist nicht allein ein Ereignis der Hochkultur. Es boomen dort auch die Comics, denen man solche Sprechblasen entnehmen kann. Es lärmen auch die Computerspiele, und nur wenige Stände von den hoch angesehenen Autoren entfernt werden die dümmsten Gimmicks und Geschenkideen angeboten. Wer also zur Annahme neigt, die Gesellschaft werde immer dümmer und die Kultur immer flacher: Auf nach Frankfurt! Dort wird massig Anschauungsmaterial für kulturpessimistische Thesen geboten.

Aber natürlich sind diese Thesen falsch. Denn es ist gerade dieses Nebeneinander von Höherem und Niederem, von Spiel und Ernst, was unsere Kulturlandschaft längst ausmacht. Die Frankfurter Buchmesse ist der Spiegel der kulturellen Verhältnisse im Ganzen. Was daran wirklich zur Bildung der Menschen beiträgt, was vielleicht nur unterhaltsam ist, das ist kaum noch auseinander zu halten. Das sieht man auch an all den bildungsbeflissenen Jahrestagen, die Deutschland derzeit so gerne begeht: Schiller, Einstein, Humboldt – auch das waren Events, mit viel PR-Aufwand inszeniert. Wogegen gar nichts spricht. Ein jeder hat eben seine Tricks, wie er das Publikum in seine Veranstaltungen lockt.

Problematisch ist nicht die Vermischung von Hoch- und Spaßkultur. Problematisch ist, dass sie in Deutschland noch viel zu sehr als Gegner begriffen werden. Das führt einerseits dazu, dass die ernsthafte Kultur auf einen immer kleineren klassischen Kanon zusammenschrumpft – von Goethe bis Thomas Mann. Und sich andererseits viele talentierte Autoren zum Beispiel zu fein sind, populäre Fernsehserien interessanter zu machen. Dabei gehören hölzerne Bilder und Begriffe von einer deutschen Kulturnation doch längst auf den Müllhaufen der Geschichte. Wer Schiller liest, ist nicht automatisch ein besserer Mensch. Wer auf der Frankfurter Buchmesse Ausflüge in die Spaßkultur riskiert, ist noch lange kein Banause. In diesem Sinne gilt: Auf nach Frankfurt!