Berliner Szene: Bürger gegen Staat
Schlägerei vertagt
Der BMW parkt genau dort, wo Fußgänger die Bänschstraße überqueren müssen. Wozu auch einen Parkplatz suchen? Mit dem Ordnungsamt hat er offensichtlich nicht gerechnet. Er kann also noch nicht oft in der Gegend gewesen sein.
Der Fahrer springt aus dem Wagen, um in den Späti zu eilen. Da stellt sich ihm der Mann vom Bezirk in den Weg. „Fahren Sie bitte weg! Sie dürfen hier nicht halten!“ Irritiert bleibt der Angesprochene stehen. Schon aus dem Innehalten spricht Aggression. Kommt es jetzt zum Showdown zwischen dem Anspruch des Staates auf Geltendmachen seines Gewaltmonopols und dem Bürger, vertreten durch ein besonders freiheitsliebendes Exemplar?
Wenn ja, dann steht das Ergebnis bereits fest. Während Friedrichshain-Kreuzberg einen vielleicht 1 Meter 60 großen Herrn jenseits der besten Jahre mit deutlich zu viel Speck auf den Rippen antreten lässt, entspricht der Falschparker dem Typus Mitglied im Abou-Chaker-Clan. David gegen Goliath. Normalerweise fliegen den Knöllchenverteilern meine Sympathien nicht zu. Diesmal ist es anders. „Warum machst du misch an, du Schwuchtel?!“ Bushido baut sich drohend vor dem kleinen Mann in weißem Hemd und schwarzer Hose auf. „Fahren Sie Ihr Auto weg!“, wiederholt dieser ruhig sein Anliegen. Soll ich schon mal die Polizei rufen? Auf jeden Fall erst mal in der Nähe bleiben. „Was beleidigst du misch, du Fotze?!“ „Das haben Sie gesagt“, entgegnet der Außendienstmitarbeiter vom Ordnungsamt sachlich. Ein Tritt oder ein Schlag sind das Mindeste, mit dem ich rechne. Stattdessen steigt der Amboss fluchend in den Wagen, Schlägerei vertagt.
„Das haben Sie gesagt.“ Die Antwort merk ich mir. Scheinbar so schwach und doch so effektiv. Ich sollte an einem Deeskalationsprogramm teilnehmen. Stephan Serin
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