Katja Riemann: "Ich wünsche mir politische Filme"
Katja Riemann über Afrika-Nostalgie im Film und Geschreie auf der Bühne. Eine Begegnung in Ludwigshafen - am Rand des Festivals des deutschen Films.
taz: Frau Riemann, meine Gratulation zu dem Preis, den Sie am Freitag erhalten haben.
Katja Riemann: Vielen Dank. Darf ich fragen, für wen Sie das Interview machen?
Für die taz.
Oh, davon hat mir keiner was gesagt. Das
lassen Sie uns über den Preis sprechen. Was bedeutet er Ihnen?
Er betont die künstlerische Arbeit in unserem Beruf, das ist mir wichtig.
Der Laudator Michael Kötz hat gesagt, ein Filmschauspieler sei dann gut, wenn er spiele, ohne aufdringlich vorzuführen, also in der Rolle immer er selbst bleibt. Sie haben in Ihrer Dankesrede herausgestellt, dass es die Rolle gibt und daneben Sie selbst. Was machen Sie mit diesem Widerspruch?
Nein, Moment mal, ich hab gesagt, bei einem Bildhauer ist völlig klar, dass es ihn auf der einen Seite, sein Objekt auf der anderen Seite gibt. Ein Komponist oder Schriftsteller wird auch nicht mit seinem Werk verwechselt, aber bei uns Schauspielern geschieht das leider oft. Ich habe ausschließlich mich, um an einer Rolle zu arbeiten. Meine Arbeit wird dann oft mit meiner Person gleichgesetzt.
Katja Riemann, 43 Jahre alt, hat bisher in mehr als 50 Filmen mitgewirkt - zuletzt etwa in Margarethe von Trottas Melodram "Ich bin die Andere" und in Alain Gsponers Zeitgeistfarce "Das wahre Leben". Die Martin-Walser-Adaption "Ein fliehendes Pferd" wird in Kürze beim Münchner Filmfest Premiere haben. Beim Festival des deutschen Films in Ludwigshafen wurde sie mit dem Preis für Schauspielkunst 2007 ausgezeichnet. Unausgesprochen nahm diese Ehrung Katja Riemann auch in Schutz gegen eine Kampagne der Bild-Zeitung, die sich entrüstet, dass ihr neuer Freund Porno-Filme gedreht habe.
Maria Schell hat mal gesagt, dass sie sich als ihr eigenes Instrument begreift.
Das trifft es. "Rose Bernd" zum Beispiel ist ein toller Film, bei dem man sehen kann, was sie meint.
Wie geht die Arbeit vor sich? Was tun Sie?
Das hängt auch von der Regie ab. In "Rosenstraße" zum Beispiel waren alle Figuren fiktiv, nur meine Rolle der Lena Fischer, die ihren Mann aus dem Gestapo-Gefängnis herausholen will, war angelehnt an die historische Gräfin von Maltzan. Margarethe von Trotta gab mir die Memoiren, und ich konnte mir ein Bild davon machen, wie die Kindheit dieser schlesischen Adligen ihre innere Haltung bestimmt hat. Das war streng und klar und mit Contenance, ein anderes Frauenbild, das mich für den Film inspiriert hat.
Im Theater arbeiten Sie mit der Regisseurin Amina Gusner und Ihrem Kollegen René Lüdicke zusammen. "Hedda Gabler", "Szenen einer Ehe", "Sex, Stadt, Beziehungen" sind Textcollagen, wie Sketche auf Pointe hin inszeniert. Wenn man Ingmar Bergmans "Szenen einer Ehe" im Kopf hat, ist das hart. René Lüdicke schreit, Sie gehen im Catwalk von der Bühne
Ich bin anderthalb Stunden auf der Bühne, nur einmal in der Umbauphase nicht. Amina Gusner sagt immer: Keine Psychologie. Das ist eben eine andere Form. Schauen Sie sich doch mal "Sex, Stadt, Beziehungen" an. Aber wenn Ihnen die "Szenen" nicht gefallen haben, werden Sie es schwer haben. René schreit da nämlich auch.
Sie engagieren sich für bessere Lebensverhältnisse in Afrika, auf Ihrer Website, bei Veranstaltungen zum G-8-Gipfel, beim Evangelischen Kirchentag und in Ihrer Rede bei der Schauspielpreisverleihung. Was bewirken Sie tatsächlich?
Ich kann für mehr Bewusstsein sorgen, meine Informationen weitergeben. Ich halte Vorträge in den lokalen Gruppen von Unicef, an Universitäten usw. und berichte von meinen Reisen und dem, was man tun kann. Das ist ein ziemlich direkter Weg.
Haben Sie sich Afrika-Filme angesehen?
Ich halte nicht so viel von der Afrika-Nostalgie, die es zurzeit im Kino gibt. Wenn man sich mit Afrika beschäftigt, sieht man das anders. "Der letzte König von Schottland" ist gut. "Hotel Ruanda" hat die Rolle der UNO viel zu schön gefärbt. "Shooting Dogs", der kommt jetzt in die Kinos, der handelt vom selben Thema, vom Bürgerkrieg und Massenmord in Ruanda. Der ist genauer. Den müssen Sie sich ansehen.
Was für Filme stellen Sie sich vor? Was wünschen Sie sich?
Ich wünsche mir politische Filme. Spielfilme, denn da komme ich her.
Wollen Sie ins Regiefach wechseln?
Nein, ich bin Schauspielerin. Ich weiß zwar viel über Afrika, aber ich mache keine Regie. Man müsste Drehbücher schreiben. Das ist was für andere Leute. Warum können Sie das nicht machen?
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