Polen: Warschau schaltet weiter auf stur

Heute trifft Kanzlerin Merkel Polens Staatschef Kaczynski. Hauptthema ist der Verfassungsvertrag.

Guck mal, da geht es lang! Ob Kaczynski das auch so sieht? Bild: dpa

WARSCHAU taz Noch fünf Tage bis zum EU-Gipfel in Brüssel. Ob er zu einem Erfolg für Bundeskanzlerin Angela Merkel wird, hängt zum großen Teil von ihrem heutigen Treffen mit Lech Kaczynski, dem polnischen Staatschef, ab. Unnachgiebig droht Polen, den EU-Reform-Gipfel mit einem Veto scheitern zu lassen. Anders als Italien, Spanien, Dänemark und Großbritannien, die einem Kompromiss zugestimmt haben, will Polen seine Forderung nach mehr Einfluss im EU-Ministerrat durchsetzen.

Mindestens ein Jahr müsse man noch über den EU-Verfassungsvertrag und die Stimmgewichtung einzelner Staaten im EU-Rat diskutieren, fordern Lech Kaczynski und sein Zwillingsbruder Jaroslaw, der Regierungschef Polens. Das Institutionenpaket im Verfassungsvertrag müsse neu verhandelt werden. Davor fürchten sich alle. Es könnte das Ende des Projekts bedeuten.

Merkel, die ihre Ratpräsidentschaft erfolgreich beenden möchte, will auf dem Gipfel ein Ergebnis präsentieren: der Verfassungsvertrag soll in seiner Substanz bestehen bleiben und durch einen neuen Konsens aller Mitglieder so geändert werden, dass er bald in die zweite Ratifizierungsrunde gehen kann.

Das wollen die Kaczynskis verhindern. Denn durch die im EU-Verfassungsvertrag vorgesehene "doppelte Mehrheit" würde zwar auch Polen an Einfluss im EU-Rat gewinnen, doch Deutschland würde wesentlich stärker zulegen. Das ist der Hauptgrund für den Widerstand der Kaczynski-Brüder. Es geht ihnen nicht um mehr Gerechtigkeit oder ein besseres Funktionieren der Union, sondern um die Machtposition Polens in der EU gegenüber Deutschland.

Darauf weisen auch die Warnungen von Außenministerin Anna Fotyga vor einer drohenden "deutschen Hegemonie" in der EU hin. Marek Cichocki wiederum, der polnische Verhandlungsführer für den EU-Verfassungsvertrag, gilt sogar als Vater der antideutschen Europapolitik Polens. Sein Ziel ist es, die Bedeutung Deutschlands in der EU so stark wie möglich zu begrenzen.

Mit dem von Polen vorgeschlagenen Quadratwurzelsystem könnte dies erreicht werden. Die Formel sieht vor, dass aus der jeweiligen Bevölkerungszahl die Wurzel gezogen und durch die Landesfläche geteilt wird. Damit erhielte Deutschland im EU-Rat ein Stimmgewicht von 9,1 Prozent, wohingegen es nach dem Verfassungsvertrag 17,2 Prozent hätte. Polen käme auf 6,2 Prozent statt auf 8 Prozent, hätte aber zwei Drittel des Stimmgewichts von Deutschland, obgleich es weniger als die Hälfte an Bevölkerung hat.

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