Kommentar: Langer Rücktritt von langer Nacht
ARD-Entertainer Harald Schmidt hat in einem Interview angekündigt, sich aus dem Late-Night-Geschäft zurückziehen zu wollen. Beobachter der Sendung vermuten, dass er das längst getan hat.
I n seinem alljährlichen Interview mit dem Spiegel hat Harald Schmidt angekündigt, sich den ganzen Stress nicht mehr allzu lange antun zu wollen: "Mit Late Night bin ich fertig", so Schmidt: "Ich habe bei Sat.1 acht Jahre lang Late Night gemacht, vier Shows pro Woche. Man hat dann irgendwann nichts anderes mehr, auf jeden Fall nichts, was einem Privatleben noch ähneln würde."
Arno Frank (36) ist taz-Redakteur. Er kann lesen und schreiben. In seiner Freizeit spielt er gerne Flipper, hört schlechte Musik, schaut sich gute Pornos an und erschlägt manchmal kleine Hunde.
Tatsächlich hatte sich zuletzt eine gewisse inhaltliche Materialermüdung bemerkbar gemacht, die auch auf den Moderator selbst übergegriffen zu haben schien. Seinem inhaltsleeren Zeitschinden, früher mal als erfrischend dadaistische Innovation geschätzt, heftete sich irgendwann der hartnäckige Verdacht an die Fersen, dass die Sendeminuten tatsächlich nicht inspirierender zu füllen gewesen wären.
Seine Ankündigung, die Show demnächst im Duett mit einem Vollidioten wie Oliver Pocher bestreiten zu wollen, erhärtete diesen Verdacht schließlich zum Fakt: "Schmidt & Pocher" ist, als hätte der Priester sich entscheiden, sein anstrengendes Hochamt anspruchsvollerer Fernsehunterhaltung künftig dem Dorfdeppen zu überlassen.
Könnte ja auch lustig werden. Zumal schon in den vergangenen Jahren jeder neue Karriereschritt dem einzigen Zweck zu dienen schien, sich den allzu entzückten Umarmungen durch das Feuilleton zu entziehen - und sich genau damit noch interessanter zu machen. Schon auf dem ZDF-"Traumschiff" hat er aus eigenem Antrieb angeheuert, ohne die Bedenken seiner Fans auch nur für einen Meter mitzutragen.
Warum auch? Als Unterhalter und Akteur wird er dem Fernsehen erhalten bleiben - und auf seinem verwaisten Sendeplatz bekommt Deutschland dann eben, was es verdient.
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