die wahrheit: Kriegsschiff mit Moral

Gemein! Britische Matrosen dürfen keine Bilder von nackten Mädels in ihren Spinden aufhängen. Das hat ihnen das Marinekommando heimlich verboten...

Gemein! Britische Matrosen dürfen keine Bilder von nackten Mädels in ihren Spindeaufhängen. Das hat ihnen das Marinekommando heimlich verboten. Aber die Sun hat es herausbekommen. Und sie schäumt vor Wut, sind die barbusigen Frauen auf Seite drei doch das Markenzeichen des Gossenblatts.

Den 39.000 Matrosen drohen Geldstrafen, falls sie das Verbot missachten. "Ein Kriegsschiff oder irgendeine andere Einrichtung, die dem Verteidigungsministerium gehört oder von ihm gemietet wurde, ist kein Ort für zügelloses Verhalten", heißt es in der Anordnung. "Unangemessene Bilder dürfen nicht in Spinden oder anderen Aufbewahrungsbehältern angebracht werden." Der Angemessenheitstest sei der Familienstrand: Was dort nicht erlaubt sei, komme auch auf einem Kriegsschiff nicht in Frage. Ist es tatsächlich untersagt, die Seite drei der Sun am Strand aufzuhängen?

2004 wollte das Ministerium eine ähnliche Anordnung durchsetzen, gab aber nach zwei Monaten klein bei. Damit das diesmal auch geschieht, hat die Sun eine Kampagne gestartet und zwei Bikinischönheiten nach Portsmouth entsandt. Dort demonstrierten Ruth und Mel im Hafen mit Plakaten, auf denen stand: "Lasst uns herein. Die Jungs brauchen uns." Ein Massenprotest war es nicht gerade, die beiden knapp gekleideten Frauen waren von fünf Matrosen umringt.

Einer von ihnen, der 27-jährige Paul Grant, sagte: "Die Jungs sind wütend." Der 30-jährige Lee Madden fügte hinzu: "Es wird Krawalle geben." Und der 22-jährige Graeme Duncan behauptete: "Diese Poster stärken unsere Moral." Nun wird "Moral" von britischen Soldaten jedoch anders definiert als im Lexikon. In der Deepcut-Kaserne in Surrey im Süden Englands gehörten Vergewaltigungen von Rekrutinnen zum Alltag. Das hat das Verteidigungsministerium in einem Untersuchungsbericht festgestellt, den man wie das Pin-up-Verbot gern geheim gehalten hätte. Die Täter hatten sich in einem "Black Card Club" organisiert. Wer als Opfer auserkoren war, fand auf dem Bett eine Spielkarte mit einem Kreuz. Eine Rekrutin musste nackt - bis auf einen Gürtel, an dem leere Dosen befestigt waren - auf dem Paradeplatz antreten. Eine andere wurde aus der Dusche gezerrt und musste im Winter unbekleidet an einer Parade mit anderen Soldaten teilnehmen. Die meisten Rekrutinnen trauten sich nicht, die Vergewaltigungen zu melden, manche machten "freiwillig" mit, um auf dem Paradeplatz nicht gequält zu werden.

"Die königliche Marine ist deshalb ein so großartiger Verein, weil man sich gegenseitig respektiert", sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums zur Kampagne der Sun. "Außerdem haben wir die Seite drei ja gar nicht verboten." Man darf sie nur nicht aufhängen.

Auf der Website der Sun haben die Frauen von Seite drei einen Balken über den Brustwarzen. Klickt man ihn an, verschwindet er. Das soll vermutlich unbedarfte Internetsurfer schützen, die aus Versehen auf die Seite der Sun geraten und nicht mit einem blanken Busen schockiert werden sollen. Wäre das nicht die Lösung des Konflikts? Man könnte den Mädels auch im gedruckten Schmutzkübel einen Balken verpassen, den alle Leser - außer Matrosen - wegrubbeln dürfen.

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Geboren 1954 in Berlin. 1976 bis 1977 Aufenthalt in Belfast als Deutschlehrer. 1984 nach 22 Semestern Studium an der Freien Universität Berlin Diplom als Wirtschaftspädagoge ohne Aussicht auf einen Job. Deshalb 1985 Umzug nach Dublin und erste Versuche als Irland-Korrespondent für die taz, zwei Jahre später auch für Großbritannien zuständig. Und dabei ist es bisher geblieben. Verfasser unzähliger Bücher und Reiseführer über Irland, England und Schottland. U.a.: „Irland. Tückische Insel“, „In Schlucken zwei Spechte“ (mit Harry Rowohlt), „Nichts gegen Iren“, „Der gläserne Trinker“, "Türzwerge schlägt man nicht", "Zocken mit Jesus" (alle Edition Tiamat), „Dublin Blues“ (Rotbuch), "Mein Irland" (Mare) etc. www.sotscheck.net

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kari

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