Kommentar: Antiterrorgesetze taugen wenig

Die Reaktionen auf die letzten Terrorangriffe haben das Land nicht sicherer gemacht. Sie gefährden lediglich die Freiheit der britischen Bürger.

Es musste damit gerechnet werden. Nur die größten Optimisten hatten gehofft, dass mit Tony Blairs Rücktritt als britischer Premierminister auch die Terrorgefahr für Großbritannien verschwinden würde. Das Gegenteil ist der Fall: Dem Nachfolger Gordon Brown sollte offenbar frühzeitig verdeutlicht werden, dass ihm keine Flitterwochen nach seiner Amtsübernahme am vorigen Mittwoch vergönnt sind. Brown forderte die Bevölkerung auf, sich nicht vom "British way of life" abbringen zu lassen. Doch er gehörte der Regierung an, die nach den Terroranschlägen vom 7. Juli 2005 mit drastischen Gesetzen die bürgerlichen Freiheiten der Briten eingeschränkt hat: biometrische Personalausweise, Internierung ohne Anklage bis zu 28 Tagen, Ausgangsverbot, Kontaktsperre.

Am Wochenende zeigte sich, dass man das Problem so nicht in den Griff bekommt. Shami Chakrabati von der Bürgerrechtsorganisation "Liberty" lobte den neuen Premierminister gestern als "solide Vaterfigur", die oppositionellen Torys würdigten seine "besonnene Reaktion", die ihn wohltuend von Blair unterscheide. Die Lobeshymnen sind voreilig. Brown hatte bereits im Mai angekündigt, dass er die Antiterrorgesetze noch verschärfen wolle. So sollen Verdächtige bis zu 90 Tagen ohne Anklage festgehalten werden dürfen. Den ersten Versuch, dieses Gesetz durchzupeitschen, hatte das Unterhaus abgeschmettert.

Anschläge sind damit ohnehin nicht zu verhindern, wie sich auch bei der Nordirland-Politik lange Jahre gezeigt hat. Erst durch die politischen Initiativen ist dort Ruhe eingekehrt. Aber da liegt das Problem. Beim heterogenen Netzwerk des islamischen Extremismus gibt es weder Verhandlungspartner noch irgendwelche realistischen Angebote, die man unterbreiten könnte. Die illegale Invasion des Irak hat dazu beigetragen, dass al-Qaida leichter in Großbritannien rekrutieren kann. Doch selbst der - wünschenswerte - Rückzug aus dem Irak würde den Terror auf der Insel nicht beenden. So bleibt die fatale Erkenntnis, dass man sich auf weitere Anschläge in Großbritannien und anderswo gefasst machen muss.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Geboren 1954 in Berlin. 1976 bis 1977 Aufenthalt in Belfast als Deutschlehrer. 1984 nach 22 Semestern Studium an der Freien Universität Berlin Diplom als Wirtschaftspädagoge ohne Aussicht auf einen Job. Deshalb 1985 Umzug nach Dublin und erste Versuche als Irland-Korrespondent für die taz, zwei Jahre später auch für Großbritannien zuständig. Und dabei ist es bisher geblieben. Verfasser unzähliger Bücher und Reiseführer über Irland, England und Schottland. U.a.: „Irland. Tückische Insel“, „In Schlucken zwei Spechte“ (mit Harry Rowohlt), „Nichts gegen Iren“, „Der gläserne Trinker“, "Türzwerge schlägt man nicht", "Zocken mit Jesus" (alle Edition Tiamat), „Dublin Blues“ (Rotbuch), "Mein Irland" (Mare) etc. www.sotscheck.net

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.