Energiegipfel: EU-Klimaziele nur mit erneuerbaren Energien

Die Umweltverbände rechnen vor, wie sauber, versorgungssicher und preiswert Erneuerbare Energien sind. Würden sie ausgebaut, könnten AKW vom Netz, Kohle würde unrentabel

Auslaufmodell Kohle? Ein Kraftwerk bei Hannover. Bild: dpa

BERLIN taz Das geht nicht, das können wir uns nicht leisten, das ist unrealistisch - mit diesen Argumenten gingen die deutsche Stromwirtschaft und die energieverbrauchende Industrie vor dem Energiegipfel hausieren. Jetzt schlagen die Erneuerbare-Energien-Wirtschaft und Umweltverbände zurück. Ihre Botschaft: Es geht! Klimaziele, Versorgungssicherheit und akzeptable Strompreise ließen sich erreichen, ohne am Ausstieg aus der Atomenergie zu rütteln. Zu diesen Ergebnissen kommen der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) und die Deutsche Umwelthilfe in neuen Szenarien und Studien, die sie am Montag vorstellten.

Im Zentrum stehen dabei die sogenannten 3-mal-20-Ziele der Europäischen Union: Bis zum Jahr 2020 soll der Ausstoß der Treibhausgase um mindestens 20 Prozent gegenüber 1990 vermindert werden; zudem soll die Energieeffizienz um 20 Prozent steigen und der Anteil erneuerbarer Energien am Primärenergieverbrauch 20 Prozent betragen. Diese Ziele ließen sich nur mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien erreichen, so BEE-Geschäftsführer Milan Nitzschke. Die Branche sei bereit, bis 2020 rund 200 Milliarden Euro zu investieren und die Zahl der Beschäftigten auf 500.000 zu verdoppeln. Dafür brauche es aber verlässliche politische Rahmenbedingungen, zum Beispiel die Umsetzung des Atomausstiegs.

Sollte das BEE-Szenario Wirklichkeit werden, ließen sich 2020 jährlich rund 250 Millionen Tonnen Kohlendioxid einsparen, so Nitzschke. Zudem fielen 16 Milliarden Euro weniger für Energie-Importe und 3,3 Milliarden für Kohlendioxidzertifikate an. Durch ein höheres Angebot an Strom aus erneuerbaren Energien sinke der Preis pro Kilowattstunde. 2020 könnten die erneuerbaren Energien 14 von 19 bestehenden Atomkraftwerken sowie 18 von 21 geplanten Kohlekraftwerken ersetzen. Zudem würden 4 von 19 Gaskraftwerken überflüssig. Ein zentrales Zukunftsprojekt der Branche ist die Entwicklung eines regenerativen Kombikraftwerkes: Dabei werden Wind, Sonne, Biogas und Wasser als Speicherenergie je nach Bedarf und Angebot genutzt. In den dezentral errichteten Kraftwerken soll Biogas dann verfeuert werden, wenn Wind und Sonne gerade kein Strom liefern können.

"Wir dürfen uns politisch nicht weiter erpressbar machen", wies Ulrich Schmack, Geschäftsführer der Schmack Biogas AG, auf die außenpolitische Bedeutung des Ausbaus der erneuerbaren Energien hin. Dieser verringere die deutsche Abhängigkeit von Energieimporten von derzeit 74 auf 60 Prozent. "Wenn wir ein Drittel der deutschen Ackerflächen zur Produktion von Pflanzen für Biogas nutzen würden, könnten wir die Gasimporte aus Russland komplett ersetzen." Pflanzenanbau zur Energiegewinnung sei historisch nichts Ungewöhnliches. Vor dem Erdölzeitalter sei ein Drittel der Fläche dafür genutzt worden, Futter für Zugtiere anzupflanzen.

Die Deutsche Umwelthilfe und der World Wide Fund for Nature (WWF) forderten am Montag ebenfalls den Verzicht auf neue Kohlekraftwerke und einen sparsameren Energieverbrauch. Mit einem überschaubaren Bündel an Maßnahmen könnten in Deutschland bis 2020 rund acht Prozent Strom eingespart werden, erklärte die Umwelthilfe unter Verweis auf ein Gutachten des Freiburger Öko-Instituts. "Wer heute noch Kohlekraftwerke baut, wird nicht nur Kohle, sondern auch viel Geld verbrennen", hieß es. Die Umsetzung der EU-Klimaschutzbeschlüsse werde dazu führen, dass neu errichtete Kohlekraftwerke mit hohen CO2-Emissionen ihre laufenden Kosten nicht mehr erwirtschaften könnten. Denn sie würden wegen des Zuwachses von Strom aus erneuerbaren Energien weniger lange am Netz sein als geplant.

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