Vogelgrippe: 1200 Tiere in Thüringen getötet

Nach dem jüngsten Vogelgrippefall in Wickersdorf wurden alle Geflügelbestände im Umkreis gekeult. Wie kam es zu den neuen Infektionen?

Tötung von Geflügel in Volkmannsdorf bei Saalfeld Bild: dpa

BERLIN taz/ap/ dpa/rtr Nach dem ersten deutschen Vogelgrippefall bei Nutztieren in diesem Jahr haben die thüringischen Behörden dieses Wochenende rund 1.200 Gänse, Enten und Hühner töten lassen. Anlass war eine mit dem auch für Menschen gefährlichen Virus H5N1 infizierte Gans, die in einem Behindertenwohnheim im thüringischen Wickersdorf verendet war. Das Tier wurde dort seit vier Wochen zu therapeutischen Zwecken gehalten und war häufig von den Heimbewohnern gestreichelt worden. Eine erste Untersuchung der 20 Bewohner habe aber keine Hinweise auf eine Infektion ergeben, teilte das Erfurter Sozialministerium gestern mit.

Am Freitag hatte das Friedrich-Loeffler-Institut das Virus im Kadaver der toten Hausgans festgestellt. Diese stammte von einer Farm in Schorba bei Jena. Tests in dem dortigen Bestand ergaben aber keine Anzeichen für Vogelgrippe. "Es muss so sein, dass die Gans in Wickersdorf durch Wildvögel angesteckt wurde", sagte der Ministeriumssprecher.

Am Freitagabend rückten in den vier betroffenen Landkreisen Feuerwehrleute, Tierärzte und Polizisten aus, um alles zu Nutzzwecken gehaltene Geflügel im Umkreis von drei Kilometern um den Fundort mit einer Spritze zu töten. Dabei stellten die Behörden fest, dass viel mehr Geflügel gehalten wurde, als bislang angemeldet worden war. Viele Haushalte besäßen ein oder nur wenige Tiere als "Martinsgans oder für die Frühstückseier", begründete der Ministeriumssprecher. Die Halter hätten zum Teil emotional reagiert. "Die Tiere, die getötet werden mussten, hatten sogar teilweise Vornamen."

Der Deutsche Tierschutzbund kritisierte die vorsorgliche Tötung der Tiere. Angemessen sei es, die Bestände in der Region intensiv zu beobachten, nicht aber die direkte Tötung offenbar auch gesunder Tierbestände, erklärte der Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, Wolfgang Apel. Da für Menschen keine Gefahr bestehe, sollte bedächtig und unaufgeregt gehandelt werden. Er forderte Ringimpfungen zur Prävention. "Ein Langzeitkonzept für den tierschutzgerechten Umgang mit der Geflügelpest ist längst überfällig."

Unterdessen wurde ein weiterer Vogelgrippefall aus Sachsen gemeldet. Ein Surfer entdeckte einen laut Schnelltest infizierten Haubentaucher im Muldentalkreis, sagte der Sprecher des zuständigen Landessozialministeriums. Voraussichtlich am Montag werde nach einem weiteren Test feststehen, ob es sich um das hochgefährlichen Virus vom Subtyp H5N1 handelt. Der betroffene See sei abgesperrt worden. Ende Juni war die Vogelgrippe erstmals in diesem Jahr in Nürnberg festgestellt worden.

Weltweit sind bislang rund 320 Menschen an der Tierseuche erkrankt, Schwerpunkt des Vogelgrippe-Ausbruchs ist Asien. Besonders betroffen waren Hühnerhalter, die dort auf engem Raum mit den Tieren leben. Wissenschaftler befürchten, dass das Virus nach einer Mutation auch von Mensch auf Mensch übertragbar werden könnte. Das Risiko einer weltumspannenden Grippepandemie mit Millionen Toten schätzt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) als hoch ein.

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