Polen: Regierungskrise vorerst beigelegt

Die Bauernpartei des geschassten Vizepremiers Lepper will in der Regierungskoalition bleiben. Der kündigt die Gründung einer neuen Partei an.

Lepper kurz vor einem Fernsehauftritt vergangene Woche. Bild: reuters

WARSCHAU taz Polens Koalition besteht fort, die Regierungskrise ist überstanden. Doch so einfach, wie diese schlichte Nachricht klingt, ist es nicht. "Wir gehen raus und bleiben sogar drin", machte sich ein Politiker über die eigene Partei lustig. Gestern beschloss die Parteispitze der populistischen Bauernpartei Samoobrona (Selbstverteidigung), dass die Partei aus der Regierungskoalition mit der nationalkonservativen Recht und Gerechtigkeit (PiS) austritt. Dies hätte vorgezogene Neuwahlen noch in diesem Jahr bedeutet.

Zugleich überließ die Partei aber ihrem Vorsitzenden Andrzej Lepper die letzte Entscheidung. Und der entschied, dass die Partei in der Koalition bleibt. Schließlich, so erläuterte er, stehe das Wohl Polens "über den politischen Ambitionen" einzelner Politiker. Obwohl er selbst zuvor als Landwirtschaftsminister und Vizepremier entlassen worden war, wolle er nicht zur Destabilisierung Polens beitragen. "Jetzt ist die PiS am Zug", sagte er.

Eigentlich hätte Lepper diesen Tag gar nicht in Freiheit erleben sollen. Am Montag letzter Woche sollte er vor laufenden Kameras in Handschellen abgeführt werden. Der Vorwurf sollte lauten: Korruption. Doch die über Monate vorbereitete Aktion des Zentralen Antikorruptionsbüros (CBA) flog vorzeitig auf. Zudem kam heraus, dass die Aktion auf einer Provokation des CBA beruhte, das über weitgehende Geheimdienst- und Polizeibefugnisse verfügt.

Mitarbeitern Leppers wurde Schmiergeld in Millionenhöhe in Aussieht gestellt, wenn sie sie dafür sorgen würden, dass das Landwirtschaftsministerium ein Seegrundstück in Masuren in Bauland umwidmen würden. Die notwendigen Papiere wurden vom CBA gefälscht. Tatsächlich bissen zwei Geschäftsleute in der unmittelbaren Umgebung Leppers an und gingen auf das Schmiergeldangebot ein.

Die Provokation flog jedoch kurz vor ihrem geplanten Ende auf. Der Gemeindevorsteher entdeckte eine gefälschte Unterschrift und erstattete Anzeige bei der Polizei. CBA brach die Aktion ab, durchsuchte die Büros des Landwirtschaftsministers, konnte aber keine Beweise dafür finden, dass Lepper auch in die vom CBA inszenierte Schmiergeldaffäre verwickelt war. Dennoch entließ Premier Jaroslaw Kaczynski seinen Minister.

Da das CBA nicht vom Parlament kontrolliert wird, sondern direkt dem Ministerpräsidenten untersteht, kam sofort der Verdacht auf, dass der Premier den Auftrag gegeben haben könnte, seine Vize auf die kalte Tour zu erledigen. Lepper fordert nun nicht nur die CBA-Auflösung, sondern auch eine Untersuchung der seltsamen Ermittlungen durch einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss.

Da das Ziel des polnischen Premiers offenbar war, die Koalition mit Samoobrona zwar fortzusetzen, aber ohne deren Chef Lepper, hat dieser nun die Gründung einer neuen Partei verkündet. "LiS" soll sie heißen und für die Liga der polnischen Familien und die Samoobrona stehen. "LiS" bedeutet das Zusammengehen der beiden Juniorpartner der Regierungspartei und heißt "Fuchs". Lepper lachte gestern schon wieder. Das Spiel ist noch nicht aus.

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